Zum Wochenende mal wieder ein Film der Kategorie „Geheimtipp“, der auf den ersten Blick vielleicht etwas merkwürdig erscheinen darf: „Jack und das Kuckucksuhrherz“ klingt eher wie alberner Kinderkram als nach gelungener Unterhaltung. Doch der französische Animationsfilm ist irgendwie… irgendwie anders. Irgendwie… toll!
Das fängt mit dem Look an, der sich doch deutlich vom etablierten Hollywood-Einheitsbrei absetzt – was natürlich auch budgetbedingte Gründe hat. Mal eben 150 Millionen für „Drachenzähmen leicht gemacht 2“ oder „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ rauszuballern, ist für ein Studio wie Duran Duboi nicht drin. Was sich auch dadurch bestätigte, dass die Firma noch während der Produktion des Films pleite ging (Luc Bessons EuropaCorp übernahm), wodurch sich die Veröffentlichung verzögerte.
Im Edinburgh des Jahres 1874 wird in der kältesten Nacht seit Menschengedenken der kleine Jack geboren. Doch zum Schock seiner Mutter und der Hebamme Madeleine ist das Herz des Kleinen gefroren und schlägt nicht lange. Kurzerhand setzt ihm die findige Madeleine, die von der Stadt als Hexe abgestempelt wird, eine kleine Kuckucksuhr ein, die ihn fortan am Leben hält.
Nachdem sich die überforderte junge Mutter des Kleinen klammheimlich aus dem Staub gemacht hat, zieht Madeleine ihn groß und stellt ein paar lebensnotwendige Regeln für Jack auf: Nicht an den eigenen Zeigern rumspielen, nicht aufregen und vor allen Dingen auf keinen Fall verlieben – denn das macht sein fragiles Kuckucksuhrherz nicht lange mit.
Funktioniert zunächst recht gut, doch als Jack zum Teenager gereift ist und zum ersten Mal in die Stadt gehen darf, verliebt er sich natürlich stante pede in ein hübsches Mädchen: die hübsche Sängerin Acacia, die auf dem Marktplatz mit ihrem Leierkasten performt. Es raucht im Uhrwerk-Gebälk, und Jack entkommt nur knapp dem Tode. Vielleicht ganz gut, dass Acacia danach nicht mehr aufzufinden ist. Doch der Samen der Liebe ist gesät, und Jack begibt sich schließlich auf einen abenteuerlichen Roadtrip durch Europe, um das Mädchen wiederzufinden – koste es, was es wolle.
Zugegeben, das mag zunächst vielleicht eher wie ein kitschiges Märchen klingen – und ein kitschiges Märchen es ist, wie Yoda spricht. Doch nachdem ich die ersten zehn Minuten mit dezenter Skepsis verfolgte, zog mich dieser ungewöhnliche Animationsfilm schließlich in seinen magischen Bann. Was vor allem auch an den wunderschönen Gesangseinlagen liegt. Ja, richtig gelesen, Gesangseinlagen! Aber nicht solche schnulzigen Nummern wie bei Disney, sondern ein paar wirklich schöne Songs, die zwischen Balladen-Duett, Rap-Gesang und rasanter Rocknummer pendeln und glücklicherweise nicht ins deutsche übersetzt wurden, sondern wie im Original in ENGLISCH gesungen werden. Für einen französischen Film eher ungewöhnlich. Die Songs stammen übrigens allesamt von der in Frankreich altbekannten Rockband Dionysos, in der Regisseur, Romanautor und Drehbuchschreiber Mathias Malzieu singt und diverse Instrumente bedient. Hier passt einfach alles zusammen!
Trotz des vergleichsweise klammen Geldbeutels haben die etwas gröberen Animationen in „Jack und das Kuckucksuhrherz“ doch irgendwie Charme und Charakter und bestechen vor allem durch ihr intensives Farbdesign. Die Charaktere sind mit viel Liebe ausgearbeitet, und die Story weiß das (kalte?!) Herz des Betrachters zu rühren – vor allem das Ende ist einfach nur wunderschön.
Insgesamt erinnert der Film ein wenig an die Ästhetik von Tim Burtons „Nightmare Before Christmas“ oder andere (Disney-ferne) Animationsfilme wie das gruselige Stop-Motion-Abenteuer „Coraline“ oder den berührenden Knetspaß „Mary & Max“. Wie gesagt: Wer mal etwas anderes als die Big-Budget-CGI-Blockbuster sehen will, sollte hier unbedingt mal reinschauen. Alleine, mit den Kids (ab 6) oder mit dem/der Liebsten.
Hier der Trailer:
Und hier ein Ausschnitt mit Musical-Einalge (der Ballade, wohlgemerkt):
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