Ach, Mensch, James Gandolfini. Viel zu früh hat der brummige „Sopranos“-Boss den irdischen Checkout-Counter durchquert. Sein letzter Film: Das Gangster-Drama „The Drop„, das auf der Kurzgeschichte „Animal Rescue“ von Dennis Lehane beruht, der hier auch gleich noch das Drehbuch schrieb. Was hat der belgische Regisseur Michaël R. Roskam mit dem exquisiten Ausgangsmaterial aus Top-Drehbuchschreiber und Mega-Cast angestellt?
Ums gleich mal vorwegzunehmen: Er hat einen ziemlich finsteren Gangsterfilm draus gemacht, der seinen grandiosen Darstellern die perfekte Bühne bietet, um ihr ganzes Können aufzubieten. Tom Hardy („Inception„, „No Turning Back„) ist der zweite im Bunde, der hier neben Gandolfini eine Glanzleistung abliefert. Obwohl, was heißt „neben“ – eigentlich ist Hardy ja der Hauptdarsteller des Films.
Der zukünftige „Mad Max“ (in so ziemlich genau einem Monat ist es soweit, Leute!!) spielt hier den wortkargen Barkeeper Bob Saginowski, der zusammen mit seinem Cousin Marv (Gandolfini) eine kleine Kneipe in Brooklyn betreibt. Wie alle anderen Pinten der Gegend steht auch ihr Etablissement unter der Knute der tschetschenischen Mafia, die die Kneipen dazu nutzt, um das Geld aus ihren zwielichtigen Aktionen zu verschieben. Jeden Abend wird die Kohle an einem anderen Ort gesammelt und an diverse Abholer weiterverteilt.
Als eines Abends ein paar lebensmüde Typen Marvs Kneipe hochnehmen und die Einnahmen einsacken, beginnt die heile Gangsterwelt zu bröckeln. Die Tschetschenen wollen a) ihre Kohle wiederhaben und b) den Schuldigen präsentiert bekommen, um ihm die Haut abzuziehen. Bob bleibt zunächst recht cool, doch der etwas schnarchig wirkende Barkeeper hat bald noch ein zweites Problem: Den psychopathischen Ex-Lover seiner neuen Flamme Nadia (Noomi Rapace, „Prometheus“, „Sherlock Holmes 2„), der seiner Verflossenen wieder nachstellt und – so sagt es das Gerücht der Straße – gerne mal einen lästigen Widersacher über den Jordan schickt. Bob bleibt zwar immer noch cool, doch Tag für Tag pocht sein Herzschlag ein bisschen lauter.
Tatsächlich hört man auch im Film ganz subtil über ein leises Wummern, wie der Stresspegel bei Bob steigt – und man weiß einfach, dass das Ganze blutig enden wird. Die beiden Hauptdarsteller ergänzen sich hier perfekt: Hardy verleiht dem scheinbar harmlosen Langweiler eine bedrohliche Aura, die man stets fühlt, aber nie so wirklich greifen kann. Gandolfini hingegen ist der brummige Gauner, der früher mal der Platzhirsch war und es nie verkraftet hat, von der Konkurrenz in die zweite Reihe abgeschoben worden zu sein.
Man merkt einfach, dass hier Könner am Werk waren: Regisseur Roskam war vor ein paar Jahren mit seinem Spielfilmdebüt „Bullhead“ für den Oscar nominiert (für den besten nicht-englischsprachigen Film), und Lehane hat mit seinen Drehbüchern zu Thrillern wie „Mystic River“ oder „Shutter Island“ ebenfalls schon absolute Genre-Highlights abgeliefert.
Mit seiner langsamen, unaufgeregten Erzählweise, der düsteren Atmosphäre und der exzellenten Inszenierung hat mich der Film ein wenig an „Killing Them Softly“ mit Brad Pitt erinnert, in dem Gandolfini ja ebenfalls eine ziemlich coole Nebenrolle gespielt hat.
Wer auf intensive Thriller steht, in denen Spannung vor Action geht, sollte sich „The Drop“ mal reinziehen. Und sowieso ist das verdammt noch mal der letzte Film von James Gandolfini – den muss man als Filmfreund ja wohl gesehen haben!
Der Trailer!