Heaven Shall Burn haben es wieder getan! Ein neues Album ist im Kasten und die Herren laden zu einer Listening- Session ins schöne Berlin ein, wo die geladene Medienlandschaft zu den ruhigen Klängen von „Veto“ lauschen kann.
OK, zugegeben: Zwei Fehler haben sich in der Einleitung schon eingeschlichen. Zum einen zeigt sich Berlin an diesem nasskalten Tag in keinster Weise von der schönen Seite, eher das Gegenteil ist der Fall und zum anderen machen Heaven Shall Burn auch keine ruhigen Tönen. Die Saalfelder Band zeigt sich auf „Veto“ brachialer, härter und kompromissloser als jemals zuvor. Wie der kalte Regenwind einem schon bei der Anreise ins Gesicht peitscht, so geht es drinnen weiter. Ohne Schischi und Klimbim haben die Thüringer zur Listening-Session ihres neuen Albums „Veto“ geladen, welches der geladenen Presse heute in einem intimen und überschaubaren Rahmen präsentiert werden soll. Die komplette Band hat sich hierzu in einem Berliner Showroom eingefunden, um mit ein paar einladenden Worten das Feuer zu eröffnen.
11 Songs beinhaltet „Veto“, und der Stapellauf ist für den 19. April geplant. In Eigenregie unter den Fittichen von Gitarrist Alexander Dietz in Bad Kösen aufgenommen, gemischt von Langzeit- Begleiter Tue Madsen, stellt „Veto“ ein Bollwerk der Extraklasse dar. Brutal, brutaler, Heaven Shall Burn mit „Veto“, muss man nun schreiben. Kompromisse gibt es hier nicht und sicherlich kann ein solches Feuer auch nicht jede Band abliefern, aber Heaven Shall Burn können es zweifelsohne. Aber hier erst mal die Songs und einige Anmerkungen dazu.
1. Godiva
Laut Band der melodischste Song bisher, der die Legende von Lady Godiva in die Gegenwart transportieren soll. Die besagte Dame ziert auch das Cover, welches eine nackte Frau auf einem Pferd zeigt. Sie verkörpert den Widerstand und protestierte in ihrer Zeit gegen die Umstände, welche vorherrschten. Musikalisch beginnt der Song mit einem ruhigen Part, um dann in bekannter Heaven Shall Burn- Manier zu einem Geballer der Extraklasse anzuwachsen. Das treibende Drum peitscht den Song direkt nach vorne, welcher mit einer ruhigen Bridge einen Wandel erlebt. Gepaart mit famosen Melodien macht der Opener direkt Geschmack auf Mehr. Kein Problem, denn Heaven Shall Burn bieten auch noch mehr!
2. Land Of The Upright Ones
Slayer- Feeling kommt direkt bei den ersten Klängen auf. Für die US- Metaller bekannte Riffs finden sich hier wieder und sprechen eine deutliche Sprache: Thrash. Peitschende Becken, Hooks und dezente elektronische Spielereien münden in ein Soli, welches die Thüringer Band Macbeth eingespielt hat. Die befreundete Band hat sich vor allem durch Regime- kritisches Verhalten in der damaligen DDR bei der Führung nicht beliebt gemacht.
3. Die Stürme Rufen Dich
Ein Sample läutet den Song ein, der mit deutschsprachigem Gesang direkt in die Vollen startet. HSB- typisch wird hier nicht lange gefackelt, sondern direkt abgebrannt, was die Band hergibt. Zweistimmige Gitarren verschaffen dem Song ungemein Raum, thematisch durch ein Lied von Victor Jaras inspiriert, wird auch hier wieder dem Künstler und seinem Schaffen Tribut gezollt. Wie schon mehrmals auf HSB- Alben.
4. Fallen
Noch gehetzt vom Vorgänger, macht „Fallen“ auch keine Pause, sondern hält das Tempo konstant hoch! Brachial, schnell und kompromisslos arbeitet man hier sich wie ein Pflug durch den harten Acker. Aber Monotonie kommt keinesfalls auf, da die Melodie-Gitarre ganz famose Arbeit leistet und eine gewisse Auflockerung schafft. Staccato- Attacken münden in den gesprochenen Mittelteil, welcher von singenden Gitarren umgarnt wird. Der brachiale Übergang zum gewohnten Tempo ist natürlich unter „Pflicht“ zu verzeichnen.
5. Hunters Will Be Hunted
Chorklänge und Samples stimmen auf den epischen Song ein, der den Support der Band für Sea Sheppard ausdrückt. In Flames- Anlehnungen schiessen einem durch den Kopf, aber Heaven Shall Burn kopieren keinesfalls. Eher stimmungsmässig kann man Vergleiche ziehen. Dezente Keyboard- Klänge schlängen sich durch HSB- Geballer, welches durch den Mittelteil- welcher auf Schlagzeug und viel Melodie basiert- abgewendet wird. Dieser „softe Part“ baut sich auf um dann letztendlich zu explodieren.
6. You Will Be Godless
Die Abrechnung mit der Kirche ist hart. So hart, wie wohl noch kein zweiter HSB- Song überhaupt. So unbarmherzig das Kreuz der Kirche vielen Leuten auferlegt wurde, so hart wie drauf gehauen. „Die Weltfremdheit und Menschenverachtung dieser Institution ist unerträglich. Folge ihr und Du wirst gottlos sein!“ sind die Worte von Gitarrist Maik Weichert zu diesem Song, der genau nach diesen harten Worten auch musikalisch umgesetzt wird. Ein Song mit 3:09 Minuten Spielzeit, die es wirklich in sich haben.
7. Valhalla
Die wohl größte Überraschung des Albums ist der Song „Valhalla“, der eine Cover-Version des Blind Guardian- Klassiker ist. Klingt verkehrt? Im ersten Moment vielleicht, aber HSB lassen den Song in einem neuen Licht erstrahlen. Zu 150% im Sound auf die Band zugeschnitten, wird aber an dem ursprünglichen Song nichts ins Lächerliche gezogen. Sogar Hansi Kürsch höchstpersönlich hat sich diesem Song angenommen und Gesangsparts beigesteuert. Eine Hommage an eine große und einflussreiche Band, die nun von HSB geehrt wird.
8. Antagonized
So sehr man mit „You Will Be Godless“ der Kirche das Kreuz auf den Kopf gehauen hat, so sehr verneigt man sich mit diesem Song vor einem Theologen, der die HSBler in seinem Schaffen nachhaltig beeindruckt hat. Walter Schilling war weltoffen und beherbergte Musiker aller Musikrichtungen, sowie alternative Jugendliche in seinem Haus und auch im Namen der Kirche, ohne ihnen dabei Glauben auf zu zwängen. Der DDR-Theologe verstarb vor wenigen Wochen und leider war er – trotz einer gewissen regionalen Nähe – nicht darüber informiert, dass ein Song über seine Person verfasst wurde. Musikalisch ziehen hier HSB alle Register und all ihr Können, welches man seit den Anfangstagen sich einverleibt hat. Ehre, wem Ehre gebührt.
9. Like Gods Among Mortals
Bolt Thrower hätten es nicht besser machen können. Die bekannte Liebe zu Thüringen zu den Briten ist ein offenes Geheimnis und hier erlebt man sie quasi hautnah. Schleppende Melodien, singende Gitarren und ein unglaubliches Double Bass- Gewitter sprengen alle Ketten, ohne dabei in Hektik zu verfallen. Der ruhigere Mittelteil kommt in bester Kopfnicker- Manier daher, dass kein Nacken auch nur ansatzweise still stehen wird.
10. 53 Nations
Die internationalen Brigaden des Spanischen Bürgerkrieges am Vorabend des 2. Weltkrieges thematisch umzusetzen, klingt nicht nur nach einer Mammutaufgabe, sondern es ist auch wahrlich eine. Heaven Shall Burn schaffen es mit einem stampfenden Schlagzeug und der Gitarre, die zuerst aus einer Box schallert. Auf die zweite Box überspringend feuern die Staccato- Salven auf einen ein, wie sie wohl im Schützengraben kaum unbarmherziger sein konnten. Der Chor-ähnliche Part schafft eine Atmosphäre, die einerseits Unbehagen ausstrahlt, auf der anderen aber den Song zum Leben erweckt. Düster, getragen und melancholisch wird hier agiert und die Aufgabe ist somit bestens erfüllt worden.
11. Beyond Redemption
Der Schlusssong erscheint ruhig und mit einer cleanen Gitarre. Fast instrumental werden hier ruhigere Töne angestimmt, bevor Marcus mit bellendem Gesang diese einem wieder entreisst. Bittersüsse Melodien, die einem zum Abschluss die Dosis Metal verpassen, falls irgendjemand erst hier eingestiegen sein sollte. Rundum der perfekte Abschlusssong und ein wahres Fest.
Heaven Shall Burn haben mit „Veto“ ein Monster aus dem Sack gelassen, welches definitiv nicht mit einem Hördurchgang zu bewältigen ist. Zu viele Elemente, zu viele Details und ein zu großes Augenmerk der Band auf den Sound insgesamt, schreien nach Durchläufen mit dem Kopfhörer oder laut auf einer Anlage zu Hause. Aber eines ist nach diesem Durchlauf schon sicher: Die internationale Metal- Szene muss sich warm anziehen, denn hier kommt wahrlich Großes auf sie zu.
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