Chris Adler schlägt wie wild auf seine Drums ein. Sein Bruder Willie, Mark Morton und John Campbell spielen ihre Saiteninstrumente ebenfalls als wären sie verrückt geworden. Sänger Randy Blythe krümmt sich, als habe er Schmerzen. Doch das ist nicht der Fall. Mit beiden Händen umklammert er sein Mikro und gibt wirklich alles. LAMB OF GOD liefern auf der Black Stage in Wacken amtlich ab. Das kann ich beurteilen, weil ich mit meinem Kumpel Markus rechts vor der Bühne stehe. Allerdings sind wir nicht wegen LAMB OF GOD gekommen. Wir warten auf Daniel. Mitarbeiter der Firma EMP. Und für diesen einen Tag unsere ganz persönliche Glücksfee.
Wir haben uns verabredet. Telefonisch. Um 16:00 Uhr wollen wir uns am Eingang zum VIP-Bereich treffen. Nervös wie ein zitternder Chihuahua stehe ich bereits um 15:35 am vereinbarten Treffpunkt. Und hätte ich gewusst, was genau mich erwarten würde – ich hätte mir eine vernünftige Hose angezogen. Eine Hose, in der auch meine Mutter auf mich stolz gewesen wäre.
Seit Jahren schon nehme ich in regelmäßigen Abständen an EMP-Gewinnspielen teil. Fast so, wie andere Leute Lotto spielen. Ich fülle den Teilnahmebogen aus, warte bis zum Einsendeschluss und ärgere mich am Ende nicht, dass ich nicht gewonnen habe. Dieses Mal allerdings, hat Fortuna ihre Beine breit gemacht und mich am Glück schnuppern lassen. Und dürfte ich noch einmal den Lottovergleich benutzen, es wären 8 Richtige gewesen. Vielleicht sogar 10.
Ich flatter da also vor mich hin. Meine Blicke huschen von der Uhr zu LAMB OF GOD und wieder zurück. Immer und immer wieder. Pünktlich wie eine EMP-Lieferung steht Daniel am vereinbarten Treffpunkt. Noch nie zuvor habe ich ihn gesehen. Aber ich erkenne ihn sofort an der markanten EMP-Pommeshand, wie sie auch auf dem Campground in Wacken tausendfacher Ausführung zu finden ist. Ein Handschlag. Eine kurze Begrüßung. Und aus dem kleinen Chihuahua wird ein zufriedener Pudel. Ich fühle mich wohl. Pudelwohl.
Bevor wir losgehen, drückt Daniel uns EMP-Beutel in die Hand. Reichlich Geschenke im Inhalt. Unser Ziel ist der VIP-Bereich. Genauer gesagt der Bus der Firma GIBSON. Die Firma GIBSON Guitar Corporation ist einer der ältesten und bekanntesten US-amerikanischen Hersteller von Gitarren, E-Gitarren und E-Bässen. Aber auch Gitarrenverstärker, Banjos und Mandolinen befinden sich im Programm des Unternehmens. Auf jeden Fall werden wir von einem Mitarbeiter freundlichst begrüßt und er beginnt uns von GIBSON zu erzählen. Leider kann ich mich nicht auf ihn konzentrieren. Links von mir steht Matthew Heafy. Sänger der Band TRIVIUM. Und da war er wieder: der kleine zitternde Chihuahua.
Daniel, der kurz weg war, ist nun wieder da. Bier im Gepäck. Ein Glück. EMP-Mitarbeiter können Gedanken lesen. Oder zumindest Wünsche von Augen. Das eiskalte Becks-Bier schmeckt wunderbar und beruhigt meine stark strapazierten Nerven. Neben ihm taucht ein Riese auf. „Herman the German“. Ehemaliger Wrestler. Heute das deutsche Gesicht des Unternehmens Gibson. Ein unheimlich unheimlicher Mensch. Aber unheimlich sympathisch. Er lächelt. Bittet uns in den Gibson-Bus, seinem Zuhause über die Wacken Feiertage. In einem Pavillon rechts neben mir gibt BastiBasti von CALLEJON dem Metal-Hammer ein Interview. Hier trifft sich die Welt. Die Metalwelt. Und für einen kleinen Augenblick darf ich Teil von ihr sein.
Der Bus ist der Wahnsinn. Alles erinnert an Gitarren. Und Verstärker. In einem kleinen Raum befindet sich ein ledernes Sofa. In U-Form. Wir nehmen Platz. Markus, mein Kumpel, grinst mich an. Daniel verteilt Getränke. Eiskaltes Bier. Läuft.
Ich bin kein Gitarrist. Noch nicht. Ich wäre gerne Gitarrist. Und doch habe ich das Gefühl, ich bin Gitarrist. Auf Tour. In einem wahnsinnigen Tourbus der keine Wünsche offen lässt. Draußen hat es zu regnen begonnen. Wir sitzen trocken. Ulf beginnt zu erzählen. Von GIBSON. Von den Anfängen des Unternehmens. Von der aktuellen IST-Situation. Slash spielt GIBSON. Zakk Wylde spielt GIBSON. Rob Flynn spielt GIBSON. Matt Heafy spielt GIBSON. Weitere große Namen fliegen durch den kleinen Raum und meine Begeisterung für dieses Treffen kennt keine Grenzen mehr. Ich bin sprachlos. Begeistert. Voller Endorphine.
Ulf holt eine Gitarre raus. Er erklärt uns die Funktionsweise. Er zeigt uns, dass diese Gitarre sich selbst stimmen kann. Ideal, wenn man auf der Bühne steht. Ein Knopfdruck und jede Saite hat wieder den richtigen Ton. Die kleinen Drehknöpfe am Gitarrenkopf drehen sich wie von Geisterhand. Die Töne klingen sauber. Ich kann die Begeisterung in den Augen aller sehen. Wie meine Augen aussehen, vermag ich nicht zu sagen. Aber sie lachen. Es hat aufgehört zu regnen.
„Kommt. Wir latschen noch mal über den Platz. Ich zeig euch alles.“ Ulf steht auf. Ein Riese. Er zieht den Kopf ein. Geht durch die Tür. „Wartet einen Moment. Ich komme gleich zurück.“ Wir stellen uns neben die Tür. Plötzlich steht Matt Heafy von der Band TRIVIUM neben uns. Direkt neben uns. „Na? Wie geht’s?“ Er lächelt. Spricht deutsch. Ich gebe ihm die Hand. Lächle zurück. „Great. Fucking awesome!“ Er fragt uns, ob wir den TRIVIUM-Gig sehen wollen. Wir wollen. So. Was. Von. Er stellt sich in unsere Mitte und Daniel macht ein Foto. Klasse!
Unter einem Pavillon befinden sich Verstärker. Verstärker, so groß wie mein Wohnzimmerschrank. Marshall. Ein Begriff. Kennt man sogar als Laie. Wie ich einer bin. Der nette Herr erzählt uns was. Jim Marshall hat das Unternehmen gegründet. 1960 hatte er in London ein Geschäft für Schlagzeuge, in dem er auch Unterricht gab. Außerdem baute er in seiner Garage Lautsprecher für Musikinstrumente. Wie bereits erwähnt gab Jim Marshall in seinem Laden Schlagzeugunterricht. Und viele seiner Schüler brachten Gitarristen und Bassisten mit. Irgendwann baute er dann für einen von diesen Schülern den ersten Verstärker und eine Weltkarriere begann. Einfach so. Aus Liebe zur Musik.
Wir schlendern weiter. Schauen uns den Pressebereich an. Hier treffen sich die Presseleute zu Konferenzen. Fotografen können ihre Ausrüstung ablegen und erst einmal was essen. Apropos Essen. Das wird im VIP-Bereich im Übrigen von Tim Mälzer zubereitet. Erzählt uns Ulf. „Kommt. Wir gehen mal eben rüber. Dort vorne steht er.“
Tim Mälzer ist kleiner als ich. Macht aber nichts. Er ist nett. Supernett. Wie der kleine Junge von neben an. Nur größer. Er erzählt uns, dass er mit den Veranstaltern befreundet ist. Und das er diese und jene Band sehen möchte. „Aber Alice Cooper unbedingt.“ Ich möchte auch Alice Cooper sehen. Ich sage ihm, dass er 2011 schon überragend war. Dann sprechen wir über meinen Blog. Daniel sagt ihm, dass mein Blog 3.000.000 Klicks hat. Tim ist begeistert. Seine Webseite wird nicht so oft besucht. Meine auch nicht. Aber das sag ich nicht. Nie!
Nach einer gefühlten Sekunde ist die Ewigkeit vorbei. Wir trinken noch ein Bier. Bedanken uns. Verabschieden uns. Am VIP-Eingang verabschiedet sich Daniel. Wir bedanken uns noch einmal. Abschließend kann ich sagen, ich kann mich nicht genug bedanken. Mein Kumpel Markus und ich gehen zurück zur Gruppe. Die werden Augen machen. Und Ohren. Sowas Geiles erlebt man nicht alle Tage. Schade eigentlich.
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