Zugegeben, der deutsche Filmtitel „Mauern der Gewalt“ klingt schon ziemlich deppert. Weil irgendwie aufgesetzt, nichtssagend, hohl. Dahinter verbirgt sich aber ein unglaublich intensives und packendes britisches Knastdrama, das bei der Review-Instanz meines Vertrauens (Rotten Tomatoes) sensationelle 99% positive Bewertungen hat. Musst du auch erst mal schaffen, sowas!
Umso erfreuter war ich natürlich, dass wir diesen Klassefilm auch bei uns im Programm haben. Regie führte hier David Mackenzie, von dem man vielleicht die Filme „Hallam Foe“ (mit Jamie Bell aus „Snowpiercer“ und „Drecksau„) oder „Perfect Sense“ (mit Mr. „Trainspotting“ Ewan McGregor und Mrs. „300: Rise Of An Empire“ Eva Green, rrrrr) kennen könnte (und sogar sollte).
Darum geht’s in „Mauern der Gewalt„: Weil er ein brodelnder Vulkan ist, wird der 19-jährige Eric (Jack O’Connell) vorzeitig vom Jugend- in den Erwachsenenknast transferiert (in England heißt das „Starred Up“, weswegen der Film auch diesen Originaltitel trägt). Dort legt sich der arrogante und extrem aggressive Jüngling natürlich sofort mit Mithäftlingen und Personal an. Einer der Insassen hat eine besondere Beziehung zu Eric: Der in der Gefängnishierarchie ziemlich weit oben stehende „Lebenslängliche“ Neville (Ben Mendelsohn aus „The Dark Knight Rises“ und „Killing Them Softly“) ist sein (entfremdeter) Vater.
Doch auch der kann nicht verhindern, dass sich Eric immer mehr Feinde macht. Nur Sozialarbeiter Oliver (Rupert Friend) dringt ganz langsam zu dem unberechenbaren Heißsporn vor und kann ihn dazu überreden, an seiner Anti-Aggressions-Sitzung mit ein paar anderen Häftlingen teilzunehmen. Doch der fragile Friede bricht jäh auseinander und eskaliert in einem blutigen Finale.
Um es noch mal explizit zu betonen: „Mauern der Gewalt“ ist kein Knast-Action-Thriller der Marke „Escape Plan„. Der Film basiert auf realen Erfahrungen von Drehbuchautor Jonathan Asser, der früher mal als freiwilliger Gefängnis-Therapeut gearbeitet hat. Gerade deswegen ist dieses aufwühlende Drama auch so intensiv und authentisch: Die Charaktere sind stark ausgearbeitet und zudem mit fantastischen Darstellern besetzt: Neben dem wie so oft starken Mendelsohn glänzt hier vor allem der britische Jungstar Jack O’Connell, der schon bald seinen internationalen Durchbruch feiern wird – und zwar in einer Hauptrolle in Angelina Jolies Kriegsdrama „Unbroken“, das im Januar 2015 in die Kinos kommt. Der ein oder andere kennt ihn sicher aus „This Is England!“ oder der BBC-Serie „Doctors“. Wie er die unbändige Wut des aufbrausenden Testosteron-Vulkans auf den Screen bannt, ist wirklich bemerkenswert.
Auch wenn hier eher soziale und zwischenmenschliche Themen im Vordergrund stehen, ist „Mauern der Gewalt“ packender und brutaler als die meisten Actionfilme. Ein außergewöhnlicher (und nebenbei grandios inszenierter) Film über Aggression, Selbstbeherrschung und die tragischen Konsequenzen der Gewaltspirale – ob nun im Knast oder irgendwo anders auf der Welt. Hat mich echt umgehauen, das Ding.
Hier der Trailer: