Lange habe ich mich auf diesen Moment gefreut: Das Review zum phänomenalen Kampfsport-Massaker „The Raid 2“ steht an! Ein Film, den kein Freund grandioser Action-Szenen, beinharter Martial-Arts-Fights und ästhetischer Filmkunst verpassen darf. Ein Film, den man ohne zu übertreiben als einen der besten Asia-Actionfilme aller Zeiten bezeichnen kann.
„Hui, jetzt packt er aber hier die Superlative aus“, werdet ihr sicher denken und skeptisch sein. Zu Recht: Schließlich ist alles immer eine Frage des eigenen Geschmacks. Wer aber a) den ersten „The Raid“ von 2011 klasse fand, b) auf genial inszenierte Fight-Spektakel der Marke „Ong Bak“ steht, c) großer Fan der Filmästhetik eines Quentin Tarantino oder Winding Refn („Drive“!) ist oder d) Action-Orgien wie „The Fast & The Furious“ oder „Expendables“ bzw. Blutarien der Marke „Machete“ oder „300“ feiert, der muss, ich wiederhole, MUSS sich „The Raid 2“ im Kino anschauen.
Sonst muss ich ihn hier vorbeischicken, um euch abzuholen.
Zum Hintergrund des Films: 2011 legte der walisische Jung-Regisseur Gareth Evans mit dem ersten „The Raid“ einen absoluten Underground-Hit hin, der Mitte 2012 auch bei uns in die Kinos kam und allseits gefeiert wurde. Dabei war die Handlung des Films doch vergleichsweise banal: Eine Polizeieinheit in Jakarta stürmt einen Hochhauskomplex, der unter der Ägide eines gemeinen Unterwelt-Bosses steht. Als die Polizisten in das Gebäude eindringen, erklärt sie der Gangster zum Freiwild und verspricht denjenigen mietfreies Wohnen, die die 20-köpfige Einheit zur Strecke bringen. Der Rest ist 90 Minuten Hochhausgemetzel, das man seinerzeit in dieser Form noch nicht gesehen hatte: Hauptdarsteller Iko Uweis ist ein Meister der südostasiatischen Kampfkunst Pencak Silat – und tankt sich in aberwitzig brutalen Fights Stockwerk für Stockwerk nach oben. (Ein etwas längeres Review des ersten Teils könnt ihr in meinem privaten Blog lesen.)
Falls ihr den Streifen verpasst haben solltet – schließt diese Lücke! Ich habe ihn bislang dreimal gesehen… und definitiv Bock auf eine vierte Runde!
Kommn wir aber endlich zu „The Raid 2“, der direkt an Teil 1 anschließt. Wenn ihr den nicht kennt, ist das aber auch nicht so wild: Alles, was man wissen muss, ist, dass Cop Rama (Uweis) mit seiner Einheit ein Verbrechernest ausgehebelt und dabei auch ein paar korrupte Bullen zur Strecke gebracht hat, wodurch die Unterwelt in Jakarta aufgemischt wurde. Rama, das ist übrigens der hier:
Nachdem er gerade so mit heiler Haut aus dem Hochhaus des Schreckens flüchten konnte, nimmt Rama Kontakt mit Bunawar auf, einem der wenigen nicht korrupten Cops in Jakarta, der einen dermaßen fähigen Knochenbrecher wie ihn gerne in seiner Undercover-Einheit hätte. Nach anfänglichem Zögern lässt sich Rama auf die Mission ein und wird von Bunawar in den Knast geschickt, wo er sich das Vertrauen des einsitzenden Mafiaboss-Sohns Uco erschleichen soll.
Das Vorhaben gelingt und nachdem beide wieder auf freiem Fuße sind, steigt Rama als Handlanger in das Imperium der mächtigen Bangun-Familie ein, die sich mit der japanischen Goto-Gang und dem aufstrebenden Gangster Bejo um die Vorherrschaft in Jakarta streitet. Als Zünglein an der Waage entpuppt sich im Unterweltkrieg ausgerechnet Uco, der mit den auf Ehre und Respekt basierenden Methoden seines Vaters wenig anzufangen weiß und das Pulverfass explodieren lässt.
Im Gegensatz zum Erstling, dessen Setting fast ausschließlich auf den Hochhauskomplex beschränkt war, weitet Regisseur Evans sein Mafia-Epos auf die ganze Megametropole Jakarta aus, die ihm unendlich viele kultige Schauplätze für epische Kloppereien bietet: Ob Massenschlägerei im Gefängnisklo (!), im schlammüberströmten Knast-Innenhof, in der Techno-Disco oder im U-Bahn-Abteil, actiongetränkte Verfolgungsjagden mitten durch Jakarta, ultrabrutale Fights mit Hämmern, Baseballschlägern oder Handsicheln – hier brechen Knochen und spritzt das Blut im Sekundentakt. Doch den Vorwurf, nur eine Actionszene an die andere zu reihen, muss sich Evans nicht gefallen lassen: Der zweieinhalbstündige Film entwickelt auch eine spannende Geschichte und lässt seinen verschiedenen Figuren und ihren Beziehungen viel Raum, sich zu entwickeln. Die letzte Stunde ist freilich ein einziges Massaker, bei dem man kaum zu Atem kommt.
Daher die Warnung: Sanfte Gemüter, die kein Blut sehen können, sollten dieses mit FSK18-Einstufung versehene Gewalt-Epos lieber meiden. Hier gibt es einige Szenen, die hart an der Grenze zum Erträglichen sind. Auch wenn Evans die Gewalt nicht glorifiziert oder sadistisch darstellt. Darüber habe ich übrigens auch im Interview zu „The Raid 2“ mit dem Regisseur gesprochen, das ihr morgen an dieser Stelle lesen könnt.
Also: Fights – Wahnsinn. Story – funktioniert. Das allein wäre ein starker Asia-Actionfilm, den man sich angucken sollte. Was „The Raid 2“ jedoch zum absoluten Ausnahmefilm macht, ist seine ästhetische Inszenierung. Nicht umsonst habe ich Tarantino und Winding Refn als Referenzen angeführt, denn Evans arbeitet mit ähnlichen inszenatorischen Mitteln wie diese beiden Über-Regisseure: Suggestive Totalen, hypnotisch langsame Kamerabewegungen, gesättigte Farbpaletten, die an großes Asia-Kino wie das von Zhang Yimou („Hero“) erinnern – es ist dieser ultimative Kontrast zwischen kunstvoller Inszenierung und hemmungsloser Brutalität, der „The Raid 2“ so anbetungswürdig macht.
Bevor ich jetzt noch hyperventiliere, schließe ich lieber und appelliere ein letztes Mal: Zieht euch diesen Film rein. Ich hab ihn schon zweimal gesehen und bin jedes Mal mit einem absurd dümmlichen Grinsen im Gesicht aus dem Kino getorkelt. Mein Film dieses Kinojahres, komme was wolle!
Hier der Trailer:
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