Tarantino zum achten: Mit „The Hateful Eight“ liefert Quentin Tarantino exakt drei Jahre nach „Django Unchained“ endlich seinen neuen Film ab. Erneut hat er sich dabei dem Western-Genre hingegeben – anders als bei „Django“ jedoch auf äußerst minimalistische Weise: Im Prinzip ist Tarantinos achtes Werk eine Art Kammerspiel. Das birgt viel Raum für die grandiosen Dialoge des Kultregisseurs, bringt aber auch ein paar Nachteile mit sich.
The Hateful Eight – ein „klassischer“ Western
Wyoming in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Kopfgeldjäger John „The Hangman“ Ruth (Kurt Russell) hat fette Beute gemacht und die gefährliche Daisy Domergue (Jennifer Jason Leigh) gefangen genommen, für die er in Red Rock ordentlich Kohle kassieren will. Mit der gemieteten Postkutsche brausen sie durch den eiskalten Winter, verfolgt von einem immer näherziehenden Blizzard.
Als ihnen auf der Fahrt der ebenfalls als Kopfgeldjäger arbeitende Major Marquis Warren (SL Jackson) begegnet, wittert Ruth natürlich Gefahr für seine Beute und nimmt den Konkurrenten nur widerwillig in seiner Kutsche auf. Auch dem allein im Schnee umherirrenden Chris Mannix (Walton Goggins aus „Sons Of Anarchy“ und „American Ultra„), der behauptet, der zukünftige Sheriff von Red Rock zu sein, traut er nicht über den Weg, nimmt ihn aber trotzdem mit – schließlich bekommt er von ihm in Red Rock sein Kopfgeld ausgezahlt.
Doch die winterliche Fahrgemeinschaft kommt nicht so weit: Aufgrund des herannahenden Sturmes kehren die vier und ihr Fahrer O. B. in der einsam gelegenen Krämerladenpinte Minnie’s Haberdashery ein, um den Schneesturm auszusitzen. Dort treffen sie auf ein paar andere Reisende: Mexikaner Bob (Demián Bichir), der in Abwesenheit von Besitzerin Minnie den Laden hütet, der designierte Red-Rock-Henker Oswaldo Mobray (Tim Roth), der schweigsame Cowboy Joe Gage (Michael Madsen) und der greise ehemalige Konföderierten-General Smithers (Bruce Dern) haben hier ebenfalls Schutz gesucht.
Je länger die acht obskuren Gestalten aufeinander hocken, desto brenzliger wird die Situation: Wer verfolgt welche Ziele? Und wer ist nicht der, der er zu sein vorgibt? Und wo ist eigentlich Minnie? Schließt schon mal eure Wetten darauf ab, welche der „abscheulichen Acht“ Minnie’s Haberdashery am Ende mit zwei Beinen, Armen und Eiern wieder verlassen werden.
Laut Statistik Tarantinos zweitschlechtester Film
Schaut man sich mal alle bisherigen Tarantino-Filme im Review-Portal Rotten Tomatoes an, fällt auf, dass „The Hateful Eight“ zwar ordentliche 74 Prozent vorweisen kann, damit aber mindestens zehn Prozent schlechter ist als die restlichen Filme des Regisseurs (bis auf „Death Proof“ mit 67 Prozent). Ich will aus etwas Künstlerischem und Emotionalem wie einem Film jetzt keine stochastische Abhandlung machen, aber diese prozentuale Verteilung trifft es für mich ziemlich gut: „The Hateful Eight“ ist ein überdurchschnittlich guter Film, gehört im Kontext von Tarantinos Œuvre aber leider zu den schwächeren Werken. Wobei man ganz klar sagen muss: Ein „schwächerer“ Tarantino ist immer noch um Längen besser als 90 Prozent der anderen Filme, die man so im Kino angeboten bekommt.
Jetzt fragt ihr natürlich: „Warum, Alter?!“ Für mich ist ganz klar die Story die Schwachstelle des Films – sie ist schlicht und ergreifend zu dünn für einen Filmemacher wie Tarantino, der in Werken wie „Pulp Fiction“, „Kill Bill“, „Inglourious Basterds“ oder „Django Unchained“ so herrlich verrückte und ausufernde Stories erzählt hat. Klar, die klassischen Western der Filmgeschichte waren jetzt meistens auch keine Storytelling-Meisterwerke – aber die gingen auch nicht knapp drei Stunden!
Mit seiner dialoglastigen Kammerspiel-Inszenierung erinnert „The Hateful Eight“ an Tarantinos grandiosen Erstling „Reservoir Dogs“, der auf 99 perfekte Minuten kondensiert war. Auch an die epische Bauernhaus-Szene aus „Inglourious Basterds“ fühlt man sich erinnert – nur besteht hier fast der gesamte Film aus so einer Szene. Da die Handlung zudem wie erwähnt nicht sehr komplex ist und auch nicht jede der Figuren tief genug ist, um sich länger mit ihr beschäftigen zu wollen, herrscht bei Tarantino #8 öfter mal Leerlauf.
Ennio Morricone sorgt für Musikmagie
Natürlich kann der Mann großartig inszenieren: Jede Einstellung ist ein kleines Kunstwerk und erfährt durch den grandiosen Score von Filmmusik-Legende Ennio Morricone, der hier seinen ersten Western seit über 40 Jahren orchestrierte, die perfekte Musikuntermalung. Doch wie viele großartige Einstellungen kann man in über zwei Stunden in einem abgeschlossenen Raum unterbringen? Immerhin bringen ein paar Rückblenden und die Unterteilung in sechs Kapitel ein wenig Abwechslung in die ansonsten ermüdend statische Inszenierung.
Dass „The Hateful Eight“ trotzdem ein toller Film ist, liegt neben dem unverkennbaren Tarantino-Style auch an einigen stark aufspielenden Darstellern: Kurt Russell und SLJ spielen famos die beiden rigorosen Kopfgeldjäger, Bruce Dern ist auch als permanent in einem Stuhl sitzender Opa ein Highlight und Jennifer Jason Leigh spielt die durchgeknallte Delinquentin mit einer herrlichen Portion Wahnsinn – kein Wunder, dass es dafür eine Oscarnominierung als beste Nebendarstellerin gab. Ziemlich schwach allerdings sind Michael Madsen, dessen Figur einfach überhaupt gar nichts hergibt, und Tim Roth, der hier völlig überzogen den einmaligen Christoph Waltz zu kopieren versucht… und grandios daran scheitert. Einen köstlichen Überraschungsgast gibt es übrigens auch noch – aber der wird natürlich nicht verraten (obwohl er, wenn ich mich recht entsinne, schon im Vorspann angekündigt wird).
The Hateful Eight – Butter bei die Fische
Um es zum Ende zu bringen: „The Hateful Eight“ ist in puncto Inszenierung, Dialogen und blutigem Finale ein typischer Tarantino und wird jeden Fan des schrägen Regie-Genies happy machen. Beim simplen Drehbuch, der flachen Figurenzeichnung und der überlangen Laufzeit hat er aber auch ein paar deutliche Schwächen, die die meisten anderen Werke des Maestros nicht haben. Zumindest aus meiner Sicht, um das noch mal klarzustellen.
Schaut euch „The Hateful Eight“ doch einfach selbst im Kino an – und gebt danach Laut, wie ihr ihn fandet (und warum ich keine Ahnung habe)!
Verlosung
Und weil ihr so brav durchgehalten habt, gibt es zum Schluss noch was zu gewinnen: Wir verlosen ein „The Hateful Eight“-Fanpaket bestehend aus Shirt, Soundtrack und Poster zum Film. Schreibt Petra bis zum 31.01.2016 eine E-Mail an: blog@emp.de, mit dem Betreff: Tarantino und sagt ihr, welches eurer Lieblingsfilm aus der Tarantino Filmschmiede ist. Gebt in der Mail direkt schon eure Adresse mit an, damit der Gewinn sofort nach Auslosung verschickt werden kann. Der oder die Gewinnerin wird natürlich auch hier veröffentlicht. Viel Glück!
Und gewonnen hat:
Marika S. aus Waldshut
Herzlichen Glückwunsch!
Kinostart von „The Hateful Eight“ ist 28. Jannuar 2016
Ihr könnt „The Hateful Eight“ übrigens hier schon vorbestellen. Das Veröffentlichungsdatum wird von uns noch angepasst, sobald es ein offizielles gibt.
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