Nach einer kleineren Filmpause, die sicher auch ihrer präventiven Brustkrebs-OP in 2013 geschuldet war, kehrt Hollywood-Queen und Übermutti Angelina Jolie nun auf die große Leinwand zurück – und das ausgerechnet in „Maleficent“, einem düsteren Märchen, in dem sie eine kinderhassende „böse“ Fee spielt. Ganz ehrlich: Diesen unausgegorenen Fantasy-Murks hätte sie sich sparen können, ja, müssen.
Schon der Trailer kündigte ein klebriges Hollywood-Märchen mit überzogenen CGI-Landschaften an – aber der ging ja glücklicherweise nur zwei Minuten. Als ganzer Film, der mit 97 Minuten für einen Fantasyfilm ja nicht gerade lang geraten ist, geht einem die alberne Wald- und Wiesen-Parade aus Elfen, Trollen und Möchtegern-Ents schon nach kurzer Zeit auf den Zeiger. Ich möchte gar von „Extreme Aggression“ sprechen (und schicke einen freundlichen Gruß an Kreator).
Zum Inhalt: Die kleine Fee Maleficent (die aus irgendwelchen Gründen wie eine billige Nutte geschminkt ist) lebt zusammen mit anderen märchenhaften Gestalten im Reich der Moore und lässt es sich dort gutgehen. Als sich eines Tage der Menschenjunge Stefan ins Elfenreich verirrt, entsteht eine intensive Freundschaft zwischen den beiden. Im Laufe der Jahre wird der aus armen Verhältnissen stammende Stefan jedoch extrem karriereorientiert und begeht einen grausigen Verrat an seiner Feenfreundin, durch den er zum König des benachbarten Menschenreichs gekoren wird.
Durch den Verrat ihres Freundes zutiefst verbittert, ernennt sich Maleficent (nun: Jolie) zur Königin über das Feenreich und schottet es mit garstigen Dornen gegen die gemeine Außenwelt ab. Menschen sind Schweine – war doch klar! Als sie davon erfährt, dass dem verhassten König eine Tochter geboren wurde, schlägt sie (ohne Einladung!) bei der Jubelfeier auf und belegt das unschuldige Baby mit einem unwiderruflichen Fluch: An seinem 16. Geburtstag soll das Mädchen durch den Stich eines Spinnrads „in einen todesähnlichen Schlaf fallen“.
König Stefan macht, was man in solchen Fällen eben so macht: durchdrehen. Er lässt alle Spinnräder im Reich vernichten (wirklich alle?), schickt seine Tochter mit drei guten, aber ziemlich dämlichen Feen für 16 Jahre in ein geheimes (wirklich geheim?) Häuschen im Wald und verwendet seine gesamte Lebensenergie darauf, Maleficent den Garaus zu machen.
Die beobachtet derweil die heranwachsende Königstochter Aurora (Elle Fanning)… und nimmt unfreiwillig Kontakt auf.
Ich will ja niemandem etwas Böses, aber aus genau diesem Grund muss ich eben auch dringend von einem Kinobesuch von „Maleficent“ abraten. In der Theorie mag es eine gute Idee gewesen sein, die böse Disney-Fee Malefiz (so hieß sie in der deutschen Synchro des Zeichentrick-Klassikers „Dornröschen“ von 1959) in den Mittelpunkt dieser Märchenverfilmung zu stellen, in ein emotionales „Bin ich gut oder böse?“-Dilemma zu verstricken und mit Angelina Jolie zu besetzen. Optisch ist die Übertragung der Figur in einen Realfilmkontext immerhin gut gelungen:
Doch als Film an sich ist „Maleficent“ eine herbe Enttäuschung. Da finde ich im Nachhinein „Snow White & The Huntsman“ ja noch gut dagegen – und den fand ich schon nicht gut (klingt wirr, ist aber so). Wie eingangs erwähnt, dauert der Film nur 97 Minuten – was in der heutigen Zeit für einen Abenteuer/Märchenfilm ja irgendwie schon verdächtig kurz ist. Nicht, dass für mich jeder Film zweieinhalb Stunden lang sein müsste (im Gegenteil: viele könnten eine Schere gut gebrauchen) – aber „Maleficent“ ist letztlich kaum mehr als eine Aneinanderreihung zusammenhangsloser Szenen, in denen die Jolie bestmöglich in Szene gesetzt wird.
Und die Darsteller um sie herum ersticken in ihrer übermächtigen Präsenz: Sam Riley („Byzantium„) mimt vergleichsweise gelangweilt den Handlanger von Maleficent, Elle Fanning setzt unentwegt ein dermaßen gezwungen wirkendes Grinsekatzengesicht auf, dass man es ihr am liebsten polieren würde, und Sharlto Copley (den ich in „District 9“, „Elysium“ und „Oldboy“ noch so gut fand) ist als König Stefan eine glatte Fehlbesetzung. Warum die Figur als Junge ganz normales Englisch spricht und als Erwachsener plötzlich den Copley-eigenen Südamerika-Akzent hat, bleibt das Geheimnis der Castingleute.
Angesichts der Tatsache, dass Disney mit „Lone Ranger“ vor nicht mal einem Jahr einen massiven Big-Budget-Kassenflop hingelegt hat, kann es einem ja fast schon leid tun, dass mit dem absurde 180 Millionen Dollar teuren „Maleficent“ gleich der nächste folgen wird. Andererseits ist es auch ziemlich naiv, einem Regie-Debütanten wie Robert Stromberg so ein Risikoprojekt anzuvertrauen. Der Mann hat zwar eine 20-jährige Berufserfahrung als Visual-Effects-Supervisor und ist in seiner Karriere maßgeblich an visuellen Highlights wie „Aviator“, „Shutter Island“, „Alice im Wunderland“ oder gar „Avatar“ beteiligt gewesen – doch bei einem Film Regie zu führen, ist ein völlig anderes Kaliber. Das merkt man bei „Maleficent“ in jeder Minute.
Immerhin: Die Filmmusik von James Newton Howard („Panem„, „The Dark Knight„, „I Am Legend„) ist mal wieder erste Sahne. Aber nur um gute Musik zu hören, muss ich ja nicht ins Kino gehen.
Und ganz am Ende bleibt die Frage, für wen „Maleficent“ überhaupt gemacht sein soll. Für Erwachsene und Teenager ist das Ganze zu albern (diese bekloppten Gartenteichtrolle sind echt lächerlich!), für Kinder oft einfach viel zu düster. Dass der Film in Deutschland in einer geschnittenen FSK-6-Fassung in die Kinos kommt (die ihn noch wirrer macht), zeigt ziemlich deutlich, dass Disney mit allen Mitteln Schadensbegrenzung betreiben will. Konnte ja vorher alles keiner ahnen, ne?
Hier der Trailer: