Eins muss man der Verfilmung von Charlotte Roches Roman „Feuchtgebiete“ ja lassen: Den Titel „Kontroversester deutscher Film des Jahres“ hat sie definitiv schon jetzt inne. Und das völlig zu Recht: Lieben oder hassen – dazwischen gibt es in diesem Fall vermutlich nichts.
Vorweg: Ich habe den Roche-Bestseller nicht gelesen. Und wusste dementsprechend nicht, was in der Pressevorführung auf mich zukommt.
Falls ihr das auch nicht wisst – das kommt auf euch zu: Nachdem sie sich bei einer rektalen Intimrasur eine blutige Analfissur zugezogen hat, die in Kombination mit ihren Hämorrhoiden äußerst schmerzhaft ist, landet die 18-jährige Helen (Carla Juri) in der proktologischen Abteilung eines Krankenhauses. In der Hoffnung, ihre getrennten Eltern am Krankenbett wieder zu vereinen, zögert sie nach der Operation ihren Aufenthalt hinaus. Und berichtet – Krankenpfleger Robin und/oder dem Zuschauer – von ihrer Muschi, ihren Sexpraktiken und Selbstbefriedigungshilfsmitteln.
Das war dann eigentlich auch schon die Handlung. Auf ihrem Selbstzerstörungstrip ergründet die Protagonistin konsequent ihre eigenen Feuchtgebiete, schiebt sich einen Avocadokern in die Muschi, der in einer Vision plötzlich daraus zu sprießen beginnt, verpasst in ihrer Fantasie dem Krankenpfleger einen Rim-Job, reibt ihre Muschi absichtlich über den Brillenrand des versifftesten Bahnhofsklos, um ihre „Muschiflora“ zu stärken, erzählt Pizzawichsgeschichten (deren Durchführung man in aller Genauigkeit zu sehen bekommt), lässt sich von einem Kollegen die Muschi rasieren (das Wort „Muschi“ kommt übrigens – analog zum Film – absichtlich in dieser Häufigkeit vor), schmiert sich mit Freundin Corinna gegenseitig ihre Menstruationsblutung ins Gesicht und reißt sich buchstäblich den Arsch auf. Ach ja: Und berichtet davon, wie Corinna der Bitte ihres neuen Freundes nachkam, ihm doch bitte auf den Bauch zu kacken. Er ist Drummer in einer Heavy-Metal-Band – nichts anderes erwartet man doch von solchen Typen. Oder?
Wer auf Geschmacksüberschreitungen solcher Art steht, darf „Feuchtgebiete“ auf keinen Fall verpassen. Alles, was man nie hören und noch weniger sehen wollte, bekommt man hier minutiös vor Ohren und Augen geführt. Hauptdarstellerin Carla Juri spielt die hemmungslose Nymphomanin ziemlich überzeugend – auch wenn ihre Erzählstimme mitunter wie die einer Fünfjährigen klingt. Und auch an der Inszenierung von David F. Wnendt, der 2011 mit dem packenden Neonazi-Drama „Die Kriegerin“ für Aufsehen sorgte, kann man wenig kritisieren.
Es steht und fällt wohl mit der Frage, ob man das alles sehen will. Und ob man den übertrieben lockeren Umgang mit Arschgeschwüren, Hämorrhoiden, Menstruationsblut, Sperma(pizzen) und Fäkalien tatsächlich mit dem offenen Ausleben von Sexualität gleichsetzt. Oder ob man diese ganze Ekelparade letztlich nicht nur als die billige Provokation sieht, die sie ist.
Meine Einstellung dazu dürfte durchgeklungen sein. Ironischerweise startet „Feuchtgebiete“ genau an meinem Geburtstag. Was soll mir das sagen?
Wer hart im Nehmen ist, kann sich ab jetzt seine eigene Meinung bilden. Feedback äußerst willkommen!
Hier der Trailer:
Und hier ein kleines Feature vom ZDF – das den Film übrigens (mit euren GEZ-Gebühren) koproduziert hat – Stichwort: „Bildungsauftrag„:
Und falls euch das alles nicht abschrecken konnte, sondern euch noch neugieriger auf „Feuchtgebiete“ gemacht hat, kann bis zum 25.08.2013 noch an unserer Feuchtgebiete-Verlosung teilnehmen!
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