Protest The Hero bescheren uns das Album der Woche. „Palimpsest“ ist ein komplexer Brocken, der aber mit eingängigen Momenten sicher nicht geizt. Für Fans von The Dillinger Escape Plan und Co ein wahrer Pflichtkauf.
Protest The Hero ist dir kein Begriff? Passiert und dies wollen wir hier definitiv ändern. Zunächst ein kleiner Abriss über die Band, die diese Woche das Album der Woche bei EMP beisteuert. Gegründet hat man sich bereits 1999, wenn auch unter dem Namen Happy Go Lucky. Die damals 14-jährigen Buben Moe Carlson, Luke Hoskin, Arif Mirabdolbaghi, Rody Walker und Tim Millar wollten dem tristen Alltag in Whitby, Ontario entfliehen. Lange Rede, kurzer Sinn, eine Band musste her. Bereits mit ihrem ersten Album Kezia im Jahre 2005 sorgte man für Aufsehen. Zum einen da die Herren derart gewitzt an den Instrumenten zu Gange sind, vielmehr aber, da Protest The Hero wie ein Wiesel daher kommt. Genre-Grenzen gibt es nicht, Progressivität wird groß geschrieben und letztendlich gewinnt man den Eindruck, dass ein ADHS-Kind zu viel Red Bull und Koks konsumiert hat.
Protest The Hero sind fern ab von Easy-Listening
Wahrlich keine Easy-Going-Musik, jedoch so wunderbar komplex, dass auch die nachfolgenden Werke „Fortress“, „Scurrilous“ und „Volition“ die stetig wachsende Fan-Gemeinde in Aufruhr brachte. Für manchen Fan ist diese Band das, was man als musikalischen Ausbruch ansehen kann und muss. Der Mix aus Mathcore, Punk, Metal, aber eben auch Djent, Hardcore, Pop und Rock widersetze sich allen Kategorien. Immer dann, wenn man meinte einen Stempel gefunden zu haben, machten Protest The Hero einem einen Strich durch die Rechnung. Rody Walker mit seinem Organ sorgt ferner für Verwunderung und Faszination im gleichen Maße. Stimmlich würde der Mann perfekt zu Power Metal passen, aber nein, Protest The Hero sind eben gerade keine Power Metal-Band. Es ist wohl der Widerspruch in sich, der den Reiz ausmacht und Walker zum markanten Erkennungszeichen der kanadischen Truppe macht. So auch 21 Jahre nach der Gründung und mit dem neuen Werk „Palimpsest“.
Das neue Werk stand zunächst unter keinem guten Stern, da Rody Walker stimmliche Probleme hatten, die sogar einen Abbruch der laufenden Tour mit sich brachten. Hartes und andauerndes Training sollten aber Abhilfe schaffen und nun ist der Mann wieder mit seiner jugendlich wirkenden Stimme am Start. Verglichen mit den bisherigen Werken wirkt „Palimpsest“ zugänglicher und geradezu luftig. „The Migrant Mother“ startet mit einem versöhnlichen Intro, bevor eben Walker mit seiner Stimme das Erkennungsmerkmal setzt. Exzellentes Vibrato inklusive. „The Canary“ geizt nicht mit Gitarren-Reizen und lässt jeden ambitionierten Gitarristen neidvoll erblassen. Was luftig wirkt ist gnadenlos technisch umgesetzte Schwerstarbeit, welche sich dennoch im Refrain zu einer Eingängigkeit wandelt und fast schon eine Hymne daraus macht. Nun, Protest The Hero haben eh von Haus aus diese großen Momente im Gepäck, welche die technischen Ausritte immer wieder einfangen.
„Palimpsest“ ist aber zugänglicher als zu Beginn angenommen
„From The Sky“ fährt Streicher auf, was die Sache zu einem dichten Klangteppich werden lässt. Episches Ende on top und man hat wohl direkt einen der besten Songs des Albums. „Harborside“ ist ein Interlude, welches durch Streicher und Klavier ein Ruhepol wird, der sich nahtlos aber in eine stampfende Nummer namens „All Hands“ ergießen soll. „The Fireside“ ist ruppig und aufmüpfig, „Soliloquy“ trumpft mit epischen Breaks auf und gutturalen Vocals findet man bei „Gardenias“. Perfide perfekt, unverkennbar und dazu in sich stimmig wirken die 10 Songs, welche Fans von The Dillinger Escape Plan, Between The Buried And Me und auch Animals As Leaders in Ekstase versetzen werden. Unfassbar wild, großartig von der Umsetzung und jedes Bandmitglieder für sich ist schon die Anschaffung des Albums wert. Selten war verkopfte Musik schöner als jetzt. Protest The Hero haben mit „Palimpsest“ ein Meisterwerk abgeliefert. Zurecht unser Album der Woche bei EMP.