Mastodon legen das Album der Woche vor. Ohne jeden Zweifel erhaben und zurecht die Scheibe der Woche, und trotzdem ein knappes Rennen. Denn auch Body Count konnten mit ihrem Album diese Woche überzeugen. Doch Mastodon haben ein bisschen mehr Gespür, was den Sieg ausmachte. Lest selbst!
Zugegeben, Mastodon haben meinerseits einen enormen Stellenwert. Kaum eine Band ist so stark im heimischen Plattenschrank vertreten, wie die Band aus Atlanta. Die Liebe reicht schon viele Jahre zurück. Mit „Remission“ habe ich Blut geleckt und die Euphorie über dieses Bollwerk ist heute noch in Gesprächen zu spüren. Kaum ein Album bringt es so präzise auf den Punkt, was eine Band sagen will. Aber eben auch kein Album lässt einen so sprachlos zurück, wenn man die technischen Fertigkeiten der Protagonisten einzeln betrachtet. Was Drummer Brann Dailor bei „Where Strides The Behemoth“ zelebriert, lässt nur den Rückschluss zu, dass dieser Mann ein wahrer Oktopus sein muss. Mastodon widmeten sich einem Konzeptalbum, welches auf dem Buch „Moby Dick“ basierte. Ein Album, welches in zig Versionen in meinem Schrank steht und der Stellenwert somit geklärt sein dürfte.
Großartige Alben am laufenden Band
Über die Jahre hinweg sollten weitere großartige Alben folgen. Sei es „Blood Mountain“ oder das 2009-er Album „Crack The Skye“, welches den Tod von Skye Dailor thematisiert, welche sich im Alter von 14 Jahren das Leben nahm. Auch „The Hunter“ ist einer Person gewidmet, die auf tragische Weise während der Aufnahme des Albums verstorben ist. Dieses Mal traf es Brent Hinds, der seinen Bruder zu Grabe tragen musste. Und wieder wusste die Band, wie man mit einem solchen Schicksalsschlag umzugehen hatte und zimmerte ein Album zusammen, welches seit „Remission“ keinen tiefgründigem Konzept folgen sollte. Mit „Once More ‚Round The Sun“ sollte man 2014 aber wieder ein Konzeptalbum vorlegen und wohl die größte Stärke von Mastodon ausspielen.
Mastodon verschreiben sich erneut einem Konzept
Thematisch geht es mit „Emperor Of Sand“ wieder ans Eingemachte. Das Konzept umfasst hier einen Wüstenwanderer, der dem Tode geweiht ist und hier als Analogie zu der heimtückischen Krankheit Krebs anzusehen ist. Sowohl Drummer Dailor, wie auch Gitarrist Kelliher und Bassist Sanders mussten in den letzten Jahren Odysseen durchleben, die durch Diagnosen, Chemotherapien und dem Verlauf von Krebserkrankungen sowohl dunkle, als auch helle Momente gezeichnet waren. Material für ein neues Album gibt es demzufolge genug und Mastodon schmieden daraus ein Album, welches ebenso Licht und Schatten für den Hörer bereit hält. Mit „Emperor of Sand“ durchlebt man eine emotionale Achterbahnfahrt der Sonderklasse. Ein Album, gezeichnet von unfassbarer Liebe zur Musik und dem präzisen Drive in den richtigen Momenten.
Enterben können die Herren einige Bands
Während der Opener „Sultan’s Curse“ noch die Hoffnungen wecken könnte, dass Mastodon sich dem Sludge vollständig hingeben, stellt der Folgesong „Show Yourself“ klar, dass Mastodon sich hinsichtlich der Rollenverteilung beim Gesang enorm nach Vorne bewegt haben. Sowohl Hinds, als auch Dailor und Sanders stellen eine Einheit dar, eingespielt und präzise wie ein Schweizer Uhrwerk kreist das Mikrofon zwischen den Sängern. Musikalisch überrascht man mit einer psychedelischen Schlagseite, die aufhorchen lässt. Es blitzt eine Leichtigkeit durch, die selbst die Stone Temple Pilots wie kleine Schulkinder aussehen lässt. „Streambreather“ verdeutlicht, dass die Stoner-Erben von Queens Of The Stone Age das Zepter in der Hand haben, dieses aber mit einer Leichtigkeit der Band um Josh Homme abgenommen werden kann.
„Roots Remain“ ist aber wohl der Dreh- und Angelpunkt des Albums. Ein Song, der streckenweise die Genialität und die Schlagfertigkeit von Dailor am Schlagzeug aufzeigt, wie es damals bei „Remission“ über ein komplettes Album hinweg der Fall war. Wo nun Kritiker argumentieren, dass gerade dies der Band über die Jahre hinweg abhanden gekommen sein soll, da kann man locker Contra geben. Denn Mastodon zeigen, dass ihr musikalischer Horizont enorm gewachsen ist. Bei genanntem Song durch ein episches letztes Drittel, welches die engelsgleiche Stimme von Dailor beherbergt, aber ebenso die unfassbare Gitarrenarbeit von Hinds und Kelliher auf ein völlig neues Level hebt. Die Tatsache, dass der Song ein chorales Ende hat, ist fast schon nebensächlich, gibt aber der Sache auf den letzten Metern noch enormen Schub.
„Cladestiny“ ist ein weiteres Highlight von „Emperor Of Sand“, denn hier regiert die Dunkelheit. Darüber hinaus die Tatsache, dass das Leben vergänglich ist. Dies merkt man spätestens, wenn die Herren einem ein melodischen „give your life/so I can breathe/save a life/is all we need“ offenbaren. Selbst der Moog-Synthesizer stellt sich als das gewisse Extra heraus, bevor sich die Nummer mit einem getragenen Solo verabschiedet. „Scorpion Breath“ ist die Nummer, die man schon erwarten muss, wenn ein neues Album von Mastodon ansteht. Die Zusammenarbeiten mit Scott Kelly von Neurosis beziehungsweise Tribes Of Neurot gehört hier schon zum guten Ton. Erneut griff man auf die Stimmgewalt des Mannes zurück, was sich in einem wüssten Sludge-Monster entladen soll, bevor es mit „Jaguar God“ zum letzten Song geht. Dramatisches Drumming, Pink Floyd-anmutende Passagen und die Tatsache, dass in rund 8 Minuten Alles zusammen gefasst werden kann, was Mastodon ausmachen.
Über Musik kann man immer streiten. Hier aber nicht
Man kann sich darüber streiten, ob Mastodon Metal sind. Oder auch, ob sie sich in eine Richtung entwickelt haben, die nicht jedem Hörer schmeckt. Musik soll bewegen und dies ist bei „Emperor Of Sand“ absolut der Fall. Kaum eine Band schafft es filigranes Songwriting auf tosende Wände zu setzen. Kaum eine Band schafft einen solchen Spagat zwischen zuckersüßen Passagen und energiegeladenen Mosh-Parts. Mastodon stellen klar, dass man ihnen in keiner Weise das Wasser abgraben kann. Sie sind erhaben und thronen über dem Bereich progressiver Metal. Stephen King schrieb vor geraumer Zeit einmal „Time takes it all, whether you want it to or not“. Exakt so verhält es sich mit diesem Album. Es wird dich einholen und nicht mehr loslassen.