Mit Helmet hat eine Band das Album der Woche abgeliefert, welche mich gefühlt schon mein ganzes Leben begleitet. In meiner Jugend faszinierte mich Page Hamilton und seine Truppe genauso wie mit dem neuen Album 2016. Doch sicherlich haben Helmet nicht den Preis eingeheimst, da sie bei mir hoch im Kurs stehen. „Dead To The World“ ist einfach stark.
Zwischen Pubertät und Helmet
Als „Strap It On“ 1990 erschien, war ich geflasht. Mit meinen zarten 13 Jahren holte mich das Debüt direkt von den Beinen. Dieser räudige Sound und das angepisste Geshoute von Page Hamilton passten zur damaligen pubertären Grundstimmung. Folglich war ich Fan. Bei „Meantime“ neigte sich die Pubertät dem Ende, jedoch war der Unmut über so ziemlich alle Dinge des Lebens immer noch enorm. Man lehnte ab aus Prinzip und der passende Sountrack sollte in Form dieses Werkes geliefert werden. Man schrie mit Inbrunst „In The Meantime“ raus und rebellierte, wo es nur ging. Ein Jahr später – wir schreiben 1993 – erschien der Soundtrack zu dem Film „Judgment Night“. Helmet und House Of Pain lieferten mit „Just Another Victim“ nicht nur die Single ab, nein, auch der wichtigste Song des Soundtracks stammt von dieser Band. So wird Crossover gemacht.
Helmet definieren ihren eigenen Sound
Nachfolgende Alben wie „Betty“ oder „Aftertaste“ erreichten schnell Gott-Status. Die Jahre zwischen 1990 und der Jahrtausend-Wende war Helmet definitiv eine der Bands, die dauerhaft im damals vorhandenen CD-Wechsler schlummerten. Der knarzende Bass, die trockene Gitarre und die dadurch aufbauenden Riff-Wände, aber auch das blecherne Schlagzeug klangen einfach immer geil. Hamilton machte mit seiner monotonen und dennoch angepissten Stimme alles klar. Helmet war nicht nur eine Band, nein, Helmet waren eine Lebenseinstellung. Es groovte, es polterte und es hämmerte. Letztendlich hat die Band einen eigenen Sound geschaffen!
Wenn Nu Metal nur noch zum Kotzen ist
Der aufkeimende Nu Metal machte Helmet aber einen Strich durch die Rechnung. So wurde die Band immer wieder genannt, wenn es um Einflüsse von Nu Metal Kapellen ging. Was viele Bands ehrt, löste bei Sänger und Kopf Page Hamilton einen regelrechten Kotzreiz aus.
„Es ist frustrierend, dass Leute uns abschreiben, da wir mit Nu Metal Bands assoziiert oder von diesen als Einfluss genannt werden. Es kotzt mich an, dass man uns in diesem Zuge nennt und sogar Rap Metal uns auf die Stirn geschrieben wird, obwohl wieder einen verdammten Scheiß nach diesem Dreck klingen“.
„Size Matters“ und „Monochrome“ sollten zwar starke Alben werden, liefen aber weit unter dem Radar. Schlußendlich lösten Helmet sich auf.
Auferstanden aus Ruinen
Erst zum Jubiläum von „Meantime“ sollte das Feuer bei der Band wieder richtig entfacht werden. Anstehende Konzerte hatten zur Folge, dass Helmet sich erneut an ein neues Album trauten. Und dieses liegt nun mit „Dead To The World“ vor. Wo man beim Intermezzo „Seeing Eye Dog“ der Band stellenweise schlaffe Riffs vorwarf und ungläubig der Kopf geschüttelt wurde, was das Experimentelle der Jungs betraf, so greift das neue Werk wieder. Page Hamilton hat selbst Hand angelegt und ist der Produzent der Scheibe. Bereits der Opener macht klar, dass der Sound wieder crisp klingen sollte. „Life Or Death“ hat brachiale Hooks und animiert zum intensiven Headbangen. Ohne jeden Zweifel, der Spagat zwischen Trademarks und einem gewissen Grad an Weiterentwicklung ist gelungen.
Trademarks hier, Weiterentwicklung dort
„I Love My Guru“ stellt das Angepisste von Hamilton wieder in den Vordergrund. Der Mann ächzt, stöhnt, keift und bellt. Der straighte Beat mit dem teilweise schrägen Riffning kommt sperrig daher, was eben Helmt ausmacht. Gerade dies war wohl der Reiz für mich damals, die Band direkt ins Herz zu schließen. Wenn man denkt, dass der Songs vorhersehbar ist, dann schlagen Helmet einen Haken und zeigen einem die lange Nase. „Green Shirt“ wird durch den Schwenk zur banalen Rock-Show angezählt. Doch soll dies etwa der Todesstoss sein? Mitnichten! Bereits „Expect The World“ lässt den Ausrutscher wieder vergessen. So introvertiert und gemächlich der Song auch beginnen mag, so brachial pumpt man den Bass in die Welt hinaus. Noiseriffing dazu, und schon ist der Helmet-Fan happy.
Ähnlich verhält es sich auch bei „Die Alone“. So simpel der Song auch aufgebaut sein mag, so bestialisch wirkt der nach. „Drunk In The Afternoon“ und „Look Alive“ sind wiederum Helemt in alter Form. „Life Of Death (Slow)“ stellt den Rausschmeisser dar, welche die Dynamik des Albums nochmals neu definiert.
Und nun? Sind Helmet wieder wie damals?
Helmet haben mit „Dead To The World“ ein beachtliches Album geschrieben. Wo man in den Anfangstagen noch mit der Bratpfannen-Methode Fans niederschlagen konnte, greift heute die Dynamik. Das Album ist streckenweise mit „Aftertaste“, „Betty“ oder „Meantime“ zu vergleichen, jedoch nur im Ansatz. „Dead To The World“ ist ein Album mit vielen Spannungsbögen und sollte folglich auch am Stück gehört werden. Diese 38 Minuten sollte man sich Zeit nehmen. Erst dann wird einem der tiefere Sinn des Albums und der Band so richtig klar!