Ghost sind wieder zurück. Nach den Streitereien in der Band, schafft es Tobias Forge erneut ein Album zu schreiben. Und als ob die bisherigen nicht schon einzigartig wären, übertreffen die Schweden mit „Prequelle“ das bisherige Schaffen. Zurecht das Album der Woche bei EMP!
Die Reise von Ghost sollte 2010 mit dem Debüt „Opus Eponymous“ beginnen, welches die Okkult-Rocker direkt zum Gesprächsthema machte. Okkult ja, aber doch nicht in der Art und Weise, wie es die Schweden nun angehen. Mancher Erstkontakt mündete in einem „WTF. Meinen die das ernst“. Die Nation schien gespalten zu sein, was Ghost betraf und auch meine Wenigkeit stand der Sache sehr skeptisch gegenüber. Papa Emeritus I. sollte der neue Messias sein, doch wie sich später zeigte, fielen seine Nachfolger in Ungnade. Das Konzept von Ghost funktionierte über die Alben „Infestissumam“ und „Meliora“ und man konnte von einer Dreifaltigkeit sprechen, welche zweifelsohne berechnet war. Zweifler fühlten sich von Album zu Album immer mehr bestätigt, Befürworter schwärmten immer offensichtlicher und lauter von der Band. Mehr noch, die Spekulationen um die Bandmitglieder und insbesondere des Frontmannes sollten noch mehr Öl ins Feuer gießen.
Ghost – Man streitet sich und die Identität des Papstes wird enthüllt
Der große Knall folgte, als sich ehemalige Mitglieder, The Nameless Ghouls, über fehlende Bezahlung beschwerten und kurzerhand die wahre Identität des Papstes preisgaben. Tobias Forge sah sich mit einer Klage konfrontiert. Forge konterte, dass Ghost nie als Band, sondern vielmehr als Soloprojekt mit wechselnden Musikern gegründet worden sei. Bathory sollten als Vergleich dienen und Forge unterstrich immer wieder, dass Ghost sein und nur seine Band sei. Eine Tatsache, die man mit geteilter Meinung sehen darf, letztendlich aber nicht hinter die Kulissen schauen kann. Und ehrlicherweise muss man sagen, dass es Streitereien in Bands schon immer gab. Wer sich von all den Schlagzeilen befreien konnte, hatte weiterhin Spaß an der Band. Wer nicht, der ging in seiner Kritik auf und sah in Tobias Forge den personifizierten Teufel, welcher arme Musiker bis aufs Blut ausbeutet. „Prequelle“ ist das neue Album nach all den Querelen. Ein Album, was wohl von beiden Seiten noch genauer unter die Lupe genommen wird. Von uns auch!
Wo steuert nun „Prequelle“ hin…?
Bekanntlich ist das eigene Erbe das schwerste. Sagt man zumindest so und „Ashes“ soll dieses Erbe antreten. Man schafft eine beängstigende Atmosphäre, die durch Kinderchöre rezitiert wird. Eine Klangkulisse baut sich auf, welche durch „Ring Around The Rosie“ durchzogen wird. Ein Kinderreim, welcher die im 17. Jahrhundert in London grassierende großen Pest thematisiert. Vergänglichkeit, Tod, aber eben auch die Pest sind Thema des Albums, was konzeptseitig der Band bestens zu Gesicht steht. Die Single-Auskopplung „Rats“ ist bekannt und thematisiert erneut die Pest, welche somit ein Comeback erhält. So zuckersüß klang die todbringende Krankheit noch nie. Aber hey, auch das zeichnet Ghost aus! Stampfend und an die Anfangstage erinnert macht sich „Faith“ breit. Ein Brückenschlag zu „Opus Eponymous“ ist gemacht, wenn auch „Faith“ abwechslungsreiche und ausgereifter wirkt. Ein raffiniertes Solo und der eingängige Chorus zeigen, dass die Band sich weiterentwickelt hat.
„See The Light“ startet Klavier-lastig als Ballade ausgelegt und wirkt direkt beim ersten Durchlauf tiefgründig, wenn auch das Balladeske aufgebrochen wird. Textlich lässt der Song sehr viel Raum für Mutmaßungen. Verarbeitet Forge den Rechtsstreit mit seinen alten Bandkollegen? Thematisiert er die Engstirnigkeit gewisser Metal-Fans seiner Musik gegenüber? „Miasma“ ist wohl der lässigste Song, welcher mir in den letzten Jahren unterkam. Instrumental ausgelegt, setzen Cardinal Copia und Co noch mit einer Saxophon ihrem wahnwitzigen Sound eine Krone auf. Geht es noch geiler? Wohl kaum!
„Dance Macabre“ macht ABBA überflüssig, denn hier erlebt man Disco-Sound wie er 2018 zu klingen hat. „Pro Memoria“ ist ein schwermütiges und melancholisches Ding, was perfekt mit Streichern und Klavier harmoniert. Die Rocknummer „Witch Image“ stellt den Rock-Song des Albums dar, während „Helvetesfönster“ erneut instrumental agiert! „Life Eternal“ könnte als Schlusssong nicht besser funktionieren. Tieftraurig und erlösend entsendet uns Ghost mit einer letzten Segnung. „Gehet hin in Frieden!“
Das Album des Jahres? Die Chancen stehen sehr gut!
„Prequelle“ ist eine Rock-Oper der Sonderklasse. Forge beweist vom ersten bis zum letzten Song, welch begnadeter Songwriter er doch ist und wie perfekt konzipiert seine Band ist. Hier wird nicht der kleinste Triangel-Ton dem Zufall überlassen, sondern vielmehr penibel darauf geachtet, dass jeder Ton dort klingt, wo er zu klingen hat. Dem Heavy Metal mehr abgewendet, dürfte das Album eine neue Ära für die Band einläuten. Ohne jeden Zweifel erhaben, stellt „Prequelle“ die Szene auf den Kopf. Ohne ohne jegliche Probleme, schiebt sich dieses Album an die Polposition der Jahrescharts. Wir haben zwar erst Juni, aber wer dieses Meisterwerk ausboten möchte, der hat ein ambitioniertes, wenn nicht sogar unerreichbares Ziel!