Das Album der Woche bei EMP geht an Blink-182. Die Zukunft der Band stand in den Sternen. Doch nach dem Ausstieg oder Rauswurf von Tom DeLonge, zeigt sich die Band aus Kalifornien erfrischend fit spielfreudig!
Es sah zappenduster aus am Himmel des Punkrocks. Da war ein ewiges Hin und Her bei Blink 182 hinsichtlich der Position von Tom DeLonge. Der Gitarrist (OK, so einen kann man bekanntlich ersetzen) und Sänger (aha, scheiße! Der Typ sang ja auch noch) nahm Anfang des Jahres den Hut beziehungsweise ihm wurde der Hut in die Hand gelegt. So genau stieg man nicht durch, da neben „der ist aber schuld“ auch noch Manager, Geld und Songs für ein neues Album diskutiert wurden. OK, Tom DeLonge raus und kurzerhand wurde Matt Skiba von Alkaline Trio verpflichtet, die anstehenden Konzerte zu spielen. Anscheinend war der Bub aber so knorke, dass Blink-182 ihn fragten, ob er nicht weiterhin Teil der Band sein möchte. Skiba gibt an, dass er aus Respekt DeLonge gegenüber länger überlegt hat, letztendlich aber den Vorschlag annahm und sich umgehend an die Arbeiten zum vorliegenden Album „California“ gemacht hat. Mit Mark Hoppus und Travis Barker wohlgemerkt.
Sprechen wir nun von der „Stunde Null“ bei Blink-182?
Sprechen wir von einem lahmarschigen Album, wie es „Neighborhoods“ 2011 war, dass man beschämt sein Blink 182-Shirt im Stapel ganz nach unten gelegt hat? Sprechen wir von dem Wegfall des wichtigsten Drittels, wenn schon Tom DeLonge nicht mehr an Bord ist? Oder sprechen wir von einem ausgelagerten Alkaline Trio-Album, da Skiba einfach seinen Songstil für sich entdeckt hat? Fragen, die ich mir im Vorfeld schon gestellt habe und es kaum erwarten konnte das Album zu hören. Die Vorab-Single „Bored To Death“ war ja schon mal eine Ansage und sollte einen optimistisch stimmen. Aber wie so oft sind Vorab-Singles der Kaufanreiz für den Fan, der dann zu Hause eine bitterböse Überraschung erlebt. Geradezu die Platte aus dem Fenster werden will….
Blink-182 haben 16 Songs eingepackt um diese auf das siebte Album der Band zu packen. Sicherlich muss man hinsichtlich der Spielzeit die Anzahl der Songs relativieren, da selbst vor einem 32 Sekunden-Knaller nicht Halt gemacht wird. Und da haben wir auch schon den Hauptpunkt quasi auf der Hand liegen: Blink-182 sind mehr Punk, als auf den letzten drei Alben zusammen. Alleine wenn der Opener „Cynical“ ertönt, wird man in das Jahr 1999 katapultiert und erinnert sich gerne daran zurück, wie lauthals man doch die Hits „What’s My Age Again?“ oder „All The Small Things“ mitgesungen hat. Alleine 2 Minuten von diesem Album lassen über den Umstand hinwegsehen, dass man doch geschlagene 5 Jahre benötigte, um ein Album zu veröffentlichen. Sei es drum! „Bored To Death“ ist quasi schon aus Funk und Fernsehen bekannt – wird der Vollständigkeit wegen aber gerne unten nochmals gelistet – und war ja schon eine Schmankerl aus dem Hause des Trios. „She’s Out Of Mind“ ist wohl der Song, der Neuzugang Matt Skiba am besten präsentiert. Während Hoppus den ersten Part übernimmt, baut sich der Song zum Refrain auf, um als Sommerhit deklariert zu werden. Harmonie, Songsaufbau, Gespür für Rhythmus, all das ist vorhanden, bevor Matt seinen großen Auftritt bekommt: Die Zweite Strophe geht an ihn und man vergisst den Umstand, dass es jemals einen anderen Gitarristen und Sänger gab. Ohne Witz und Dollerei:
Blink-182 sind back wie anno dazumal!
Aber auch Neuerungen gibt es auf „California“ wie die Ballade „Home Is Such A Lonely Place“ zeigt. Akustisch ausgelegt, entwickelt sich die Nummer zu einer schönen Midtempo-Nummer, die man den Herren nun abnimmt. Man ist eben keine 20 mehr und nein, man will auch nicht auf Teufel komm raus Texte unter das Volk bringen, welche sinnlos erscheinen. „We fallen faster than we can fly“ kann, nein muss, autobiografisch aufgefasst werden, was Hoppus auch gerne zugibt. Doch die Sorgen von gestern scheinen vergessen und man schaut nach Vorne. Sei es mit dem Titelsong „California“ – wie unfassbar episch kann man zum Schluss hin denn werden? – oder „Kings Of The Weekend“, welches die Spielkünste von Travis in den Vordergrund schiebt. „Sober“, welcher unbeschwert daher kommt, „Los Angeles“ mit seinem derben Break und dem faszinierenden Bass-Lauf! Oder der Schlusssong „Brohemian Rhapsody“ welcher den Fans aufzeigt, woher die Band kommt. Blink-182 haben einen schönen Blumenstrauß gebastelt, der stachelige Grünpflanzen wie sie auf „Neighborhoods“ zu finden waren komplett außen vor lässt! „California“ strahlt regelrecht wie die Sonne im Bundesstaat Kalifornien und zeigt Blink-182 erneut mit Biss, Spielfreude und amtlichen Melodien. Die Sorgen im Vorfeld waren völlig unbegründet und wenn es nicht schon böse wäre, müsste man sagen „Tom DeLonge? Nie gehört!“