Na, gebt’s doch zu! Darauf habt ihr doch alle gewartet: Guillermo Del Toros neues Gruselwerk „Crimson Peak“ startet im Kino! Also ich für mein Teil habe mich derbe drauf gefreut – kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass der Regisseur von „Hellboy“ und dem grandiosen „Pans Labyrinth“ einen neuen Streifen vorlegt. Und die Euphorie ist ja auch berechtigt, denn selbst wenn Del Toro so ein absurdes Science-Fiction-Geballer wie „Pacific Rim“ abliefert, ist das schließlich megafett. Gilt das auch für seine Gothic-Horror-Mär „Crimson Peak“?
Zumindest hat Del Toro, der zuletzt ja als Produzent vom „Hobbit“ in Erscheinung getreten ist, für seinen Geisterfilm schon mal eine amtliche Besetzung zusammengetrommelt: Die Hauptrollen spielen Mia „Alice“ Wasikowska und Tom „Loki“ Hiddleston („Hollow Crown„), flankiert werden sie von Jessica Chastain („Interstellar“) und „Sons of Anarchy„-Star Charlie Hunnam, der in Del Toros „Pacific Rim“ ja die Hauptrolle spielte. Mit anderen Worten: Einige der angesagtesten Hollywood-Mimen geben sich in „Crimson Peak“ die Ehre.
Hüte dich vor Crimson Peak!
Wie sich das für ein klassisches Schauer-Märchen gehört, siedelt Del Toro seine Geschichte im späten 19. Jahrhundert an. Die kleine Edith Cushing (Mia Wasikowska) verliert nicht nur früh ihre Mutter, sondern wird auch noch von deren grässlichem Geist heimgesucht, der ihr eine Warnung ins Ohr haucht: „Hüte dich vor Crimson Peak!“ Ein Satz, den Edith zwar nicht versteht, aber auch nicht vergisst.
Als sie ein paar Jahre später zu einer hübschen jungen Lady herangewachsen ist, die gerne Geisterromane schreibt und dafür von der männerdominierten Gesellschaft belacht wird, erhält ihr Vater, ein erfolgreicher Bauunternehmer, Besuch von einem mysteriösen Mann und dessen nicht minder mysteriöser Schwester: Der blaublütige, aber verarmte Baronett Sir Thomas Sharpe (Hiddleston) stellt seine neueste Erfindung vor und erhofft sich dafür finanziellen Support. Doch sein Gesuch wird barsch abgewiesen, da der alte Cushing schon ahnt, dass etwas nicht stimmt mit den beiden. Doch Töchterchen ist dem dunkel gekleideten Chameur längst verfallen. Auf dem Anwesen der Sharpes, das irgendwo in den Mooren Englands steht, muss dann jedoch auch Edith erkennen, dass sie sich mit dieser Familie besser nicht eingelassen hätte.
Gothic Horror à la Carte
Ich sag’s freiweg: Ich mochte „Crimson Peak“ nicht wirklich. Wofür ich vor allem folgende zwei Gründe anführen möchte:
a) Der Film ist eine einzige Aneinanderreihung von Klischees. Das fängt schon bei der Besetzung an: Wasikowska spielt natürlich das naive, leicht zu beeindruckende „Alice“-Engelchen und der schwarzhaarige Hiddleston den bösen „Loki“-Verführerbuben – stereotyper hätte man die Rollen in Hollywood derzeit kaum besetzen können. Obendrein passiert in diesem Film immer zu 100 Prozent genau das, was man erwartet und aus den Gothic-Horror-Klassikern von vor 200 Jahren kennt – für einen Del Toro, dessen „Pans Labyrinth“ so eine unglaublich spannende und inspirierte Geschichte erzählt hat, war mir das einfach zu uninspiriert und vorhersehbar. Auch die Spannungsmomente werden so klassisch wie nur geht erzeugt: „Das Waisenhaus“- und „Mama“-Komponist Fernando Velázquez liefert mit seinem traditionellen Score den herkömmlichen Suspense-Sound ab.
b) Der Film weiß nicht genau, für welche Zuschauerschaft er sein möchte: Auf der einen Seite gibt es ziemlich krasse und eklige Blutszenen – auf der anderen sehen die Geister mit ihren roten Körpern mitunter wie in einem Kinderfilm aus. Soll das denn jetzt ein gruseliger Geisterfilm für junge oder ein blutrünstiger Gothic-Schocker für ältere Teenager sein?
Ich will euch „Crimson Peak“ damit nicht vermiesen – nur dezent darauf hinweisen, dass man sich davon vielleicht nicht das Gruselerlebnis des Jahres erhoffen sollte. Dafür ist Del Toros neuer Film einfach zu berechenbar. Ausstattung und Optik freilich sind großartig, auch wenn das Sharp’sche Anwesen in seiner Künstlichkeit und mit dem aus den Wänden triefenden roten Schlamm (das Haus steht auf einem Moor aus erzhaltiger roter Erde und versinkt langsam darin) wie ein großes Puppenhaus (von Monster High) wirkt. Echte Gothic-Atmosphäre kommt hier leider nur selten auf.
Ein letztes Wort noch zu den Geistern: Da kommt die Mama schon aus dem Jenseits zurück und beschert ihrer kleinen Tochter den Schock ihres Lebens… und dann gibt sie ihr so eine obskure Warnung mit auf den Weg. Hätte sie doch einfach nur „Hüte dich vor Thomas Sharpe“ geflüstert.
Ich würde sagen, ihr macht euch einfach selbst ein Bild von „Crimson Peak“, der auf jeden Fall ein unterhaltsames Schauerabenteuer im klassischen Stil ist. Aber eben kein Ausnahmefilm, wie man ihn von einem Ausnahmeregisseur wie Guillermo Del Toro eigentlich erwarten würde. Und auch erwarten darf.
Der Trailer
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