Mann ey! Wochenlang mussten wir die Klappe, obwohl wir „Ghost In The Shell“ schon längst gesehen hatten. Sperrfristen sind echt gemein! Jetzt aber – am Tag des Kinostarts der ersten Realverfilmung der Franchise – dürfen wir euch endlich sagen, wie wir die erste Realverfilmung des Kult-Anime fanden. Also: Wir fanden sie…
Okay, eins nach dem anderen. Nur keine Hektik! Schließlich haben viele Animefreunde sehr, sehr lange darauf gewartet, dass Masamune Shirows Manga „Ghost in the Shell“, der 1989 erstmals auf der Bildfläche erschien und durch das gleichnamige Anime Mitte der 90er Jahre für den internationalen Anime-Boom mitverantwortlich zeichnete, endlich als Realfilm ins Kino kommt!
Scarlett Johansson als The Major – darf das?
Im Vorfeld der „Ghost In The Shell„-Realverfilmung gab es mal wieder reichlich Trubel: Hollywoodstar Scarlett Johansson („The First Avenger: Civil War„, „Avengers – Age Of Ultron„) für die Rolle der Major Motoko Kusanagi zu besetzen, brachte dem Studio von einigen Seiten den Vorwurf des Whitewashings ein. Sprich: ethnisch eigentlich klar definierte Rollen (hier: asiatisch) einfach durch ein „Weißbrot“ zu ersetzen.
Wollen wir jetzt gar nicht so wirklich drauf eingehen. Nur so viel: Hollywood funktioniert nun mal so. Es geht um den maximalen Profit – und den gibt es offensichtlich dann, wenn man einen Film sowohl im westlichen als auch im asiatischen Markt platzieren kann. Dafür besetzt man die Hauptrolle mit einem Hollywoodstar und stellt diesem in den Nebenrollen Asiaten zur Seite. So geschehen z. B. bei „The Wolverine“ oder kürzlich bei „The Great Wall“ – obwohl letzter mit seinem durchwachsenen Einspielergebnis zeigte, dass das nicht immer funktionieren muss. Ne vernünftige Story kann halt auch nie schaden.
Egal jetzt: let’s talk about „Ghost In The Shell“!
Willkommen in der Cyborg-Society
In einer fiktionalen japanischen Stadt der nahen Zukunft, in der es vor bösen Buben nur so wimmelt, sorgt die Elitetruppe Sektion 9 von Chief Daisuke Aramaki (Takeshi Kitano) für Recht und Ordnung. Aktuell gefährlichster Gegner ist Cyber-Terrorist Kuze (Michael Pitt), der sich in den Verstand anderer Menschen einhacken und diese kontrollieren kann. Gut, dass Sektion 9 neben ein paar technisch „verstärkten“ Menschen einen besonderen Trumpf im Ärmel hat: The Major (Johansson), den ersten „Menschen“ mit komplett künstlichem Cyborg-Körper.
Je näher Major ihrem Gegner kommt, desto mehr wird sie jedoch von Flashbacks und Realitätsverzerrungen geplagt: Erinnerungsfetzen an ihr altes Leben vor dem tragischen Unfall, nach dem sie von den Wissenschaftlern um Dr. Ouélet (Juliette Binoche) zum Cyborg umgemodelt wurde. Was ist damals eigentlich wirklich passiert? Die Jagd auf Kuze wird für Major mehr und mehr zum Trip in die eigene Vergangenheit, als sie noch menschlich war.
Bildgewaltige Zukunftsvision
Zusammen mit „Akira“ gehört „Ghost In The Shell“ sicher zu jenen Meilensteinen des Genres, die Mitte der 90er einen regelrechten Boom auslösten und auch die westliche Welt in den Anime-Bann zogen. Insofern lastete bei der Umsetzung der ersten Realverfilmung der „Ghost In The Sheel“-Franchise sicherlich nicht wenig Druck auf Regisseur Rupert Sanders, der bislang nur „Snow White and the Huntsman“ in seiner Vita stehen hat.
Technisch gesehen ist sein „Ghost In The Shell“ wie zu erwarten allererste Sahne: Die verrückte Zukunftsstadt sieht im wahrsten Sinne des Wortes fantastisch aus und mutet wie eine aufgepimpte Version von Luc Bessons „Das fünfte Element“ an. Generell orientiert sich die Ästhetik des Films stark am ursprünglichen Anime von 1995 – auch die Darstellung der Nebenfiguren wie Aramaki oder Batou (Pilou Asbæk) ist ziemlich gut und vorlagentreu gelungen.
Wer die Welt von „Ghost In The Shell“ nicht kennt, wird anfangs vielleicht etwas überfordert sein. Wie bei vielen anderen Filmen in letzter Zeit hätte man sich auch hier gewünscht, dass sich die Macher ein paar Minuten mehr genommen hätten, um dem Zuschauer die Welt von „GitS“ noch etwas genauer zu erklären. Täte doch niemandem weh und würde das Ganze deutlich runder machen.
Gender-Identität in „Ghost In The Shell“
Doch noch mal zurück zur Besetzung von Scarlett Johansson: Vorherrschende Themen in „Ghost In The Shell“ sind ja Identität, Gender und Sexualität – insofern ist es vielleicht gerade ein besonders cleverer Kniff, die japanische Figur der Vorlage durch eine „weiße“ zu ersetzen. Es geht schließlich nicht um die Hülle, sprich: den „Shell“. Sondern um das, was drinnen steckt: den Ghost. Dann mit Johansson ausgerechnet auch noch ein unbestrittenes Sexsymbol der westlichen Welt zu casten und in die entsexualisierte Hülle von The Major zu stecken, unterstreicht letztlich nur die Message der Reihe.
Kombiniere: Wer auf Animes steht und „Ghost In The Shell“-Fan ist, muss sich unbedingt selbst ein Bild machen von dieser ersten Realverfilmung des Mangas von Masamune Shirow – und wird vermutlich hellauf davon begeistert sein. Wer mit Animes eher weniger am Hut hat, könnte sich hingegen etwas verloren fühlen in dieser unbekannten, düsteren Welt.
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