Noch bevor er in „Dallas Buyers Club“ als AIDS-kranker Südstaaten-Cowboy Ron Woodroof die Rolle seines Lebens spielte – und dafür Anfang dieses Jahres mit dem Oscar als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde – brillierte Matthew McConaughey in einem anderen Film, der nun endlich fürs Heimkino erhältlich ist: „Mud„. Warum das Coming-of-Age-Drama einer der besten Filme ist, die ich seit langem gesehen habe…
… will ich euch natürlich gerne sagen.
Der Vergleich wird zwar in 90 Prozent aller anderen „Mud“-Reviews bemüht, doch das macht ihn ja nicht weniger treffend: In seiner melancholisch-nostalgischen Grundstimmung und durch die beiden im Fokus stehenden jugendlichen Protagonisten erinnert „Mud“ an das Coming-of-Age-Abenteuer schlechthin – Rob Reiners Meisterwerk „Stand By Me – Das Geheimnis eines Sommers“ aus dem fernen Jahr 1986, den vielleicht schönsten Film über den Verlust kindlicher Naivität und das unvermeidliche Erwachsenwerden überhaupt.
In „Mud“ haben die 14-jährigen Buben Ellis und Neckbone, die in der tiefen Provinz von Arkansas leben, eine kuriose Entdeckung gemacht: Auf einer kleinen Insel im Arkansas River wurde bei der letzten Flut ein Boot in den Wipfel eines Baumes gespült und thront nun einsam und verlassen in luftiger Höhe. Oder doch nicht so einsam und verlassen? Plötzlich taucht der schräge Streuner Mud (McConaughey) auf, der im Boot sein Camp aufgeschlagen hat und den Jungen eine wilde Geschichte erzählt: Er wartet auf der Insel auf seine große Liebe Juniper (Reese Witherspoon), mit der er vor den Kopfgeldjägern fliehen will, die ihm auf den Fersen sind. Er hat nämlich den Sohn eines Gangsterbosses umgenietet, der Juniper misshandelt hat.
Ellis vertraut dem mysteriösen Fremden und bringt ihm mit seinem kleinen Boot immer wieder etwas zu essen vorbei, das er auf dem heimischen Hausboot aus der Speisekammer stibitzt. Schließlich ist ihm jede Gelegenheit recht, nicht zu Hause sein zu müssen – dort nämlich herrscht Eiszeit, weil Mutti es nicht mehr im kargen Heim aushält und Vati die Pistole auf die Brust setzt: Entweder in die Stadt ziehen oder Trennung. Auch in Liebesdingen will es für den pubertierenden Buben nicht so richtig laufen. Alles scheiße. Außer Mud, der Ellis mit seiner Geschichte von sich und Juniper den Glauben an die große Liebe bewahrt, de sich in der Realität immer mehr als Illusion zu entpuppen scheint.
Als schließlich Juniper in der Kleinstadt aufkreuzt und einen Rattenschwanz finsterer Gesellen hinter sicher herzieht, wird es brenzlig. Für Mud, aber auch für die beiden Jungen, die sich überreden lassen, Juniper eine Nachricht zu überbringen, und den Gangstern dabei direkt in die Arme laufen.
Schon mit seinen ersten beiden Spielfilmen, „Shotgun Stories“ (2007) und „Take Shelter“ (2011), bewies Regisseur Jeff Nichols eindrucksvoll, dass er ein Mann für die ganz besonderen Filme ist – und mit „Mud“ knüpft er nun nahtlos an deren Klasse an. Bereits Mitte der 90er, als er noch ein unerfahrener Student war, entwickelte er die Story und ließ sich dabei nicht unwesentlich von Mark Twains Abenteuer-Klassikern „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ und „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ inspirieren. Das Ergebnis ist ein fesselndes und vor fantastischer Arkansas-Kulisse gefilmtes Abenteuer über die Ängste und Hoffnungen, Triumphe und Niederlagen eines Jungen, der im Laufe der nicht eine Sekunde langweiligen 130 Minuten seine unbeschwerte Kindheit Stück für Stück hinter sich lässt.
Neben den authentisch aufspielenden Jungen begeistert McConaughey als kauziger Sonderling und verleiht dem Film eine beinahe mystische Präsenz. Eine Rolle, mit der er einmal mehr belegt, dass er den Schritt zum Charakterdesteller schon vor „The Wolf Of Wall Street„->LINK und „Dallas Buyers Club“ endgültig vollzogen hatte. Es ist beinahe unglaublich, dass zwischen dem 2008er Vollflop „Surfer, Dude“ (Rotten Tomatoes: 0%) und „Mud“ (Rotten Tomatoes: 98%) nur vier Jahre liegen.
Obwohl McConaughey auch hier kurz in alte Marotten verfällt und wie in fast jedem seiner Filme bis 2010 sein Shirt auszieht. Allerdings: Diesmal ist es immerhin als symbolischer Akt zu verstehen. Und wenn er so stark aufspielt wie in dieser bewegenden kleinen Filmperle, darf er auch gerne mal blank ziehen (oder etwa nicht, Ladies?).
Also: Anguckbefehl!
Hier der Trailer: