„Als ich diesen Mann traf, war das ein sehr, sehr glücklicher Tag in meinem Leben“, sagt Regie-Meister Quentin Tarantino über seine neue Muse Christoph Waltz. Also hat er dem Österreicher die Rolle des Kopfgeldjägers Dr. King Schultz in „Django Unchained“ direkt auf den Leib geschrieben und ihm damit 2013 erneut den Oscar als bester Nebendarsteller verschafft – den ersten gab’s bekanntermaßen für die geniale Performance des SS-Schweins Hans Landa im Nazi-Jäger-Epos „Inglourious Basterds“ von 2009.
Neben dem übermächtigen Waltz, der naturgemäß jede Szene an sich reißt, hat es die eigentliche Hauptfigur dieses mit einem mächtigen Löffel Spaghetti-Soße überzogenen Western-Epos, der titelgebende Django, ziemlich schwer. Doch auch wenn sich Jamie Foxx bisweilen seinem kongenialen Partner unterordnen muss, ist er mit seiner stoisch coolen Performance doch eine würdige Inkarnation der legendären Django-Figur, der Sergio Corbucci mit seinem gleichnamigen Western von 1966 zu Kultstatus verhalf. Ein Erbe, dem Tarantino nicht nur mit Filmtitel und Handlung, sondern auch mit einem kleinen Gastauftritt von Ur-Django Franco Nero Tribut zollt.
Nach Nero gab es noch viele andere Djangos in der Filmgeschichte – einen farbigen allerdings noch nie. Da muss schon einer wie Tarantino kommen, um so etwas auf den Screen zu bringen: Als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, mischt er Spaghetti-Western mit Blaxploitation-Movie und verortet die Story vom gnadenlosen Rächer kurzerhand im Südstaaten-Sklavenhaltermilieu des 19. Jahrhunderts. Bounty-Hunter Schultz spürt den Plantagen-Arbeiter Django auf, weil dieser der Einzige ist, der die steckbrieflich gesuchten Brittle Brothers identifizieren kann, deren Aufseher-Grausamkeiten er einst selbst ausgesetzt war. Nachdem die Brüder dingfest gemacht sind, bekommt Django seine Freiheit und ein bisschen Kohle, und Menschenfreund Schultz hilft ihm dabei, seine Frau Broomhilda wiederzufinden. Diese wurde an den exaltierten Plantagenbesitzer Calvin Candie (Leo DiCaprio) verschachert, der im tiefsten Mississippi aus purer Langeweile grausame Mandingo-Gladiatorenkämpfe inszeniert.
Filme machen kann Tarantino wie kein Zweiter – sein einzigartiger Style dominiert auch dieses blutige Epos im Geiste der legendären Italo-Western aus den 60ern und 70ern: Die fantastischen Bilder pendeln zwischen idyllischer Schönheit und fiesen Gewalteruptionen, die skurrilen Figuren sind größtenteils genial besetzt und der Soundtrack ist – wie so oft bei „Mr. Pulp Fiction“ – ein absoluter Ohrenschmaus: Neben Western-Ikone Ennio Morricone, der sogar mit neuen Kompositionen zu „Django Unchained“ beitrug, erklingen im Film diverse Songs vom Original-„Django“ aus der Feder von Luis Bacalov sowie Songs von James Brown und sogar RZA. Auch hier gilt: Einen derart wilden Stilmix können nur ganz wenige Regisseure glaubhaft in einem Werk vereinen.
Wenn man „Django Unchained“ etwas vorhalten mag, dann, dass er nicht so überlang hätte sein müssen, wie er geworden ist: Nach dem vermeintlich finalen Shootout will der Film kein Ende nehmen und mäandert etwas müde dem deutlich unspektakuläreren zweiten Finale entgegen – hier ging es wohl nur noch darum, dem Regisseur eine (freilich explosive) Cameo zu verschaffen. Auch Leo DiCaprio kommt als Bösewicht nicht an die ganz großen Tarantino-Figuren wie eben Landa, Mr. White oder Vincent Vega heran. Was allerdings nicht an ihm, sondern an der für ihn angelegten Rolle liegt: Der Herrscher von „Candyland“ strahlt weniger Bedrohlichkeit aus als beispielsweise sein oberster Haussklave Stephen alias Tarantino-Stammgast Samuel L. Jackson.
Ein absolutes Must-see, -hear und -own für Tarantino-Jünger wie Filmfreaks ist „Django Unchained“, der mit 422 Millionen Dollar Einspielergebnis finanziell erfolgreichste Film des Regisseurs, aber allemal. Wie immer eben.
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