Als Bürger von Welt habt ihr es vielleicht schon mitbekommen: Ridley Scotts Science-Fiction-Abenteuer „Der Marsianer“ mit Matt Damon in der Hauptrolle wird schon vor dem deutschen Kinostart mächtig abgefeiert – über 90 % positive Bewertungen bei mehr als 200 Reviews auf Rotten Tomatoes sprechen eine eindeutige Sprache. Derart eindeutige Vorschusslorbeeren haben mich natürlich ziemlich neugierig gemacht, also hab ich mir das gute Stück mal vorab in der Pressevorführung angeschaut.
Kultregisseur mit Schwächephase
Ridley Scott – bei diesem Namen schwingen wundervolle Kino-Erinnerungen mit, aber auch ein paar herbe filmische Enttäuschungen. „Alien“, „Blade Runner“, „Gladiator“ – alles großes Kino. Doch vor allem in jüngeren Jahren schien Scott irgendwie seinen Vibe verloren zu haben: Filme wie „Robin Hood“, das „Alien“-Prequel „Prometheus“ oder das Bibel-Epos „Exodus“ waren dann doch eher mittelmäßig.
Nach 130 Minuten „Der Marsianer“ kann man nun aber mit Fug und Recht behaupten: Der „alte“ Ridley Scott ist endlich wieder zurück!
Kartoffelbauer aufm Mars
Als die Crew der Mars-Expedition Ares 3 bei einem Bodeneinsatz von einem Sturm überrascht wird, können sich die Astronauten nur denkbar knapp in Sicherheit bringen. Nur einer von ihnen hat es leider nicht geschafft: Botaniker Mark Watney (Damon), der für die Analyse der Mars-Bodenproben zuständig war, wird von einer herumfliegenden Wrackteil getroffen und in den Sturm hinausgeschleudert – die Kommunikation mit seinem Raumanzug bricht ab. Kommandantin Lewis (Jessica Chastain) versucht vergebens, Watney zu finden, und gibt ihrem Piloten Martinez (Michael Pena) schließlich widerwillig den Befehl zum Start, der gleichzeitig auch die Rückkehr zur Erde bedeutet.
Doch wie durch ein Wunder hat Watney überlebt und bleibt allein auf dem lebensfeindlichen Planeten zurück. Zwar kann er sich in die Forschungsstation retten, doch die Nahrungsvorräte sind naturgemäß limitiert. Und selbst wenn er mit der Astronautennahrung haushaltet – wer soll ihn denn holen kommen? Seine alte Crew ist auf dem Heimweg und hat keinen Kontakt zur Station, und die nächste NASA-Expedition landet erst in vier Jahren auf dem Planeten.
Als studierter Biologe findet Watney immerhin eine Möglichkeit, sich neue Nahrung zu beschaffen: Mithilfe der Mars-Erde, getrockneter Exkremente der Besatzung und eines improvisierten Bewässerungssystems gelingt es ihm, eine kleine Kartoffelplantage aufzuziehen. Auch mit der NASA kann er irgendwann wieder Kontakt aufnehmen – wird also doch noch alles gut für Mark Watney?
„Cast Away“ im All
Mit der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Andy Weir aus dem Jahre 2011 liefert Ridley Scott endlich wieder einen von vorne bis hinten überzeugenden Film ab. Klar, das Motiv vom gestrandeten Robinson, der sich aus eigener Kraft in einer unwirtlichen Umgebung befreien muss, ist alles andere als neu und erinnert mit seinem Weltraum-Setting ein wenig an Sandra Bullocks Weltraumodyssee „Gravity“. Doch Scott inszeniert den extraterrestrischen Survivaltrip einfach dermaßen spannend und dynamisch (die Handlung wechselt permanent zwischen Watney auf dem Mars, der Crew der Ares 3 und der von Jeff Daniels geführten NASA-Behörde hin und her), dass man nicht eine Sekunde davon verpassen möchte.
Für ein Weltraum-Epos bekommt man bei „Der Marsianer“ zwar vergleichsweise wenig Action-Spektakel geboten (die 3D-Brille kann man sich meiner Meinung nach auch sparen), doch die spannende Story, der hervorragende Cast, aus dem der starke Damon natürlich herausragt, und die wunderschönen Mars-Landschaften (das Wadi Rum in Jordanien hielt als Kulisse her) sind wahrlich imposant genug. Auch die nebenbei angerissenen existenziellen Themen sind interessant: Wir sollten uns vielleicht öfter mal bewusst machen, was für ein unglaubliches Privileg es ist, auf dieser Erde atmen und Essen anbauen zu können. Schade, dass wir Menschen diesen außergewöhnlichen Ort mit unserer Raffgier systematisch zu Grunde richten. Siehe „Interstellar“.
Kino-Pflichttermin
Genug gelabert: Ridley Scotts „Der Marsianer“ ist ein faszinierender Mars-Trip, der wie ein interstellarer Mix aus „Cast Away – Verschollen“ und „Gravity“ anmutet und den schwächelnden Kult-Regisseur endlich wieder von seiner besten Seite zeigt. Muss man unbedingt im Kino gesehen haben!
Der Marsianer – Trailer
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