Scar The Martyr ist das neue Baby von Slipknot Drummer Joey Jordison. Dieser sucht nun abseits seiner eigentlichen Band den Neuanfang mit einer Band, die den Stempel „Seitenprojekt“ definitiv zu unrecht tragen würde.
Man muss definitiv den Hut ziehen vor Musikern, die erfolgreich sind. Noch mehr Respekt sollte man aber haben, wenn ein erfolgreicher Musiker beschliesst, eine neue Band ins Leben zu rufen und hierbei bei Null zu starten! Sicher, und dies kann und muss man anmerken, wird es leichter sein, wenn man sich einen Namen in der Branche gemacht hat. So ist es nun auch bei Scar The Martyr, der neuen Band von Slipknot-Drummer Joey Jordison. Dennoch muss man sich den Fans stellen. Erwartungen sollen befriedigt werden, Hoffnungen gestillt und natürlich will man vor der Hauptband ebenfalls nicht das Gesicht verlieren. Für diese Aufgabe hat Jordison sämtliche Register gezogen. Die Wahl der Mitglieder von Scar The Martyr versprach schon ohne einen einzigen Ton eingespielt zu haben Großes. Mit Strapping Young Lad Gitarrist Jed Simon und Kris Norris von Darkest Hour, konnte man namhafte Musiker verpflichten. Auch aus dem Umfeld von Nine Inch Nails sollte Unterstützung in Form von Chris Vrenna hilfreich sein, wenn auch dieser mittlerweile wieder die Band verlassen hat. Für die EP „Revolver“ und das Debütalbum „Scar The Martyr“ konnte die Besetzung in Stein gemeißelt werden und durch den bis dato eher unbekannten Sänger Henry Derek komplettiert werden.
Aber von was sprechen wir, wenn es nun um Scar The Martyr geht? Slipknot ist bekannt und eine Kopie sicher nicht im Sinne des Erfinders. Das Können von Jordison ist direkt nach dem Intro bei „Dark Ages“ offensichtlich. Dominant und ungehalten startet man in die Vollen, bevor der durchdringende Gesang dem Stück das gewünschte Gesicht gibt. Durch die dezenten Sampler-Elemente bewegt man sich am Rande des Industrial ohne den traditionellen Metal aus den Augen zu lassen. „My Retribution“ zeigt eindrucksvoll, dass eingängige Songs keinesfalls lahme Nummern sein müssen. Man schafft den fast unmöglichen Spagat zwischen Druck, Härte und Harmonie. Doch Scar The Martyr können auch episch agieren, wie der Beginn von „Soul Disintegration“ zeigt. Die erste Minute des fast 6-minütigen Brocken steht unter dem Motto „Spannung aufbauen und erzeugen“. Ruhigere Töne werden mit „Prayer For Prey“ angestimmt und auch hier zeigt sich, dass Jordison ein famoser Songwriter ist. Es erscheint geradezu unmöglich, dass Album mit anderen Bands in einen direkten Vergleich zu schicken. Zu umfangreich sind diese 14 Songs. Zu abwechslungsreich die Band und ihr Schaffen. „Ich mache Musik, die die Menschen anfassen und an der sie sich festhalten können – Musik, die nachhallt“, erklärt Jordison. Dem ist nichts hinzu zu fügen.
So raffiniert, gewitzt und schlagkräftig das Album von Scar The Martyr nun auch geworden ist, so sehr man den Hut zieht und aufatmet, dass die zweite Band kein Flop ist, so fair ist es nur, dass man Scar The Martyr nicht als „Seitenprojekt“ abstempelt. Man kann und muss diese Band als vollwertige Band auffassen und verstehen. Alles andere würde der Sache nicht gerecht werden.