Die Deftones schaffen mit „Gore“ direkt den Sprung auf Platz 2. Mit einer Leichtigkeit erobern die Herren unsere Herzen und schaffen es weit nach Vorne bei den Alben des Jahres.
Die Deftones sind eine dieser Bands, welche wohl zu den ganz unberechenbaren Kandidaten gehören. Das Debüt war famos und auch „Around The Fur“ sorgte für Freudentänze weit und breit. Mit „White Pony“ schaffen die Herren um Chino Moreno das Unmögliche und legen wohl ihr Jahrtausendalbum vor. Doch danach scheiden sich die Geister der Fans, wenn es um eine Bestandsaufnahme hinsichtlich der Band aus Sacramento geht. Völlig ungerechtfertigt, wie ich denke.
Ein Hitalbum, welches man stets übertreffen soll
Sicherlich sind die Deftones mit „White Pony“ in den Olymp der Rockgeschichte eingezogen, und ja, manche Alben sollten sicherlich das letzte in der Karriere sein. Denn – und dies ist und bleibt die Crux eines jeden Musikers – man wird immer an einem solchen Album gemessen. Dave Grohl von den Foo Fighters brachte es mal auf den Punkt, als er zu seinem Überhit „Everlong“ befragt wurde. „Sicherlich eifert man einem solchen Song immer wieder nach. Letztendlich ist es aber so, dass man nur einmal so einen Hit schreiben kann. Wenn überhaupt!“ Recht hat er der gut Mann und dies sollte man auch bei den Deftones im Hinterkopf behalten, wenn es um Alben wie „Koi No Yokan“ oder eben auch „Saturday Night Wrist“ geht.
Nach all den schweren Zeiten ist „Gore“ wieder lebensbejahend
Erschwerend kam noch hinzu, dass die Deftones fast ihren Pfad aus den Augen verloren hätten. Immenser Erwartungsdruck auf der einen, der Tod des Bassisten auf der anderen Seite. Man zerbrach fast an dieser Last, jedoch konnte man 2016 beweisen, dass die Deftones wieder vollkommen auf der Spur sind. „Gore“ ist lebensbejahend und genau das Album, was die Band gebraucht hat, um aus den Schatten der alten Tage heraus zu treten. „Gore“ ist der gesunde Spagat zwischen den Anfangstagen und dem modernen Sound, welchen man sich mit den letzten Alben erarbeitet hat.
„Gore“ besticht mit einer schwermütigen ersten Hälfte…
Bereist der Opener „Prayers/Triangles“ bezaubert durch die Stimme von Chino Moreno, welcher sich zu Beginn bedächtig zeigt. Er ist weiteren Verlauf zeigt die Band, dass sie nicht ohne Grund für ihren Druck und ihren vollen Sound geschätzt werden. Und dennoch ist und bliebt der Opener einer der bedächtigeren Songs des Albums. „Acid Hologram“ schlägt in ähnliches Holz und lebt durch seine Epik. Große Harmonien und eine ständige Dissonanz herrschen, was stets eines der Markenzeichen der Deftones war. „Dommed User“ ist dagegen ein Hass-Batzen. Ein schwermütiger Song, welcher drückt und sich auf den Hörer legt. Damit dieser aber nicht unter der Last erdrückt, schafft man mit leichtfüssigen Riffs eine Lockerheit, wenn diese auch vorgegaukelt ist. „Geometric Headdress“ ist ebenfalls einer dieser zischenden Songs, welcher die Anfangstage huldigt.
… und lockert gegen Ende hin enorm auf
Insbesondere die zweite Hälfte von „Gore“ besticht durch schmissige Nummern, welche streckenweise auf „White Pony“ hätten sein können. Sei es der Schlusssong „Rubicon“, „Phantom Bride“, wo sich Jerry Chantrell von Alive In Chains mit einem Gitarrensolo verewigen konnte oder dem Übersong „Hearts/Wires“, was einer Ballade gleichkommt. Die Deftones haben den Dreh raus und bestechen mit unzähligen Spannungsbögen, die sich über die 11 Songs verteilen. Immer wenn man denkt, dass sich der Sound nicht mehr drehen könnte, legen die Herren eine musikalische Kehrtwende hin. Und gerade dies macht „Gore“ zu einem ganz heißen Kandidaten für das Jahr 2016.