Papa Roach oder Totgesagte leben bekanntlich länger. So könnte man auch den folgenden Eintrag betiteln, welcher aber schnöde „Album der Woche“ lautet. Wieso? Wenn wir ehrlich sind, dann kommt jedem Musikfreund eben der Erfolg der 2000er in den Sinn, wenn es um die Band geht. Wie lebendig die Band um Shaddix aber wirklich ist, kann man mit „Who Do You Trust?“ hören und erleben.
Man hat Papa Roach wohl schon ewigen Zeiten abgeschrieben. Nach dem kometenhaften Aufstieg und den allseits bekannten Hits, sollte Ernüchterung folgen. Dies lag aber auch daran, dass man diesen damaligen Zenit fast nicht mehr überbieten konnte. Wie auch? „Last Resort“ ist einzigartig und mit den Worten eines Dave Grohls gesagt: „Einen Hit wie ‚Everlong‘ schreibt man nur einmal im Leben.“
Papa Roach hatten aber damals nicht nur einen Hit, nein, sie hatten einige. Um genau zu sein ein ganzes Album voll. Das ganze Album „Infest“ war ein einziger Hit. Im Jahre 2000 veröffentlicht, war es kurzum eine Offenbarung für dass neu angebrochene Jahrtausend.
Papa Roach waren aber auf der anderen Seite nie weg von der Bildfläche. „Lovehatetragedy“ folgte, „Getting Away With Murder“ schloss auf. Starke Alben, jedoch eben keine Neuauflage von „Infest“. Die „Paramour Session“ und „Metamorphosis“ seien der Vollständigkeit halber erwähnt, auch wenn sie gewisse großartige Momente aufzeigen konnten. Die einzige Konstante war die Band selbst, abgesehen von den immer wieder aufkeimenden Diskussionen um den Namen des Sängers. Coby Dick, Jacoby, Shaddix, alles gesehen und gelesen, nie kapiert. Und doch – man muss sich schon fast wiederholen – war die Band nie weg, sondern vielmehr als solides Grundrauschen im Musikbusiness zu vernehmen. Mit „F.E.A.R“ und „Crooked Teeth“ zeigte man sich angriffslustig. Man einer behauptete sogar, dass dies in dem Entzug von Shaddix begründet sei. Aber das würde nun wahrlich zu weit gehen.
Papa Roach im Jahre 2019? Geht das gut?
Nun sitzen wir also hier und schreiben das Jahr 2019. Zumindest seit ein paar Tagen. „Who Do You Trust“ ist das neue Lebenszeichen der kalifornischen Band. Eine Frage, die man direkt politisch verstehen kann. Aber ja, man kann den Titel auch auf die Band münzen. Wird hier wahrlich eine Vertrauensfrage in den Raum geworfen? Sei es drum, denn die Band macht kurzerhand da weiter, wo man mit „Crooked Teeth“ Stop gemacht hat. Eine Mischung aus Groove, Noise und Punk. Aber ja, auch Rock, Metal und Rap kann man vorzeigen. Sprich: Es gibt kaum eine Musikrichtung, die Papa Roach nicht einbauen bzw. sich daran bedienen. Was dem einen an Zielstrebigkeit mangelt, sieht der andere als kurzweiliges Erlebnis an, welches eben „Alles kann und nichts muss“. Wer sich wo ansiedeln möchte oder sogar muss? Eine Entscheidung, die wir euch überlassen.
„Es ist unsere extremste Scheibe“, gibt Shaddix offen zu. Eine Aussage, die sich bereits beim Opener „The Ending“ bewahrheiten soll. Ja was ist denn das? Sprechgesang, der auf Rock trifft? Alternativer Rock um genau zu sein. Auch „Renegade Music“ ist nicht ein Song, der einem Schema F folgt. Ja, eine Symbiose aus Rage Against The Machine (gesanglich) und Emigrate (musikalisch) offenbart sich dem Hörer. „Alles kann, nichts muss“? Sowas von. Wo andere Bands ihre Scheuklappen zurecht rücken, da legen Papa Roach anscheinend erst so richtig los. So fährt man eine Punkrock-Nummer auf („I Suffer Well“) um im nächsten Moment vor dem Hip-Hop auf die Knie zu gehen („Top Of The World“). Mit jeder Menge Spielfreudigkeit und Dynamik ballert man den Titelsong raus. Dieser sollte auch im hintersten Hinterland bereits zu hören gewesen sein. „Not The Only One“ zeigt sich dagegen dezent und ist mit akustischen Gitarren unterlegt.
Und wie! Who Do You Trust? knallt von A bis Z
Was bleibt zu sagen? Papa Roach sind aktiv und lebendiger denn je. Musikalische Grenzen scheint diese Band nicht zu kennen – oder man kümmert sich kurzerhand einfach nicht drum. Mit 25 Jahren auf dem Buckel muss man neidvoll den Hut ziehen und der Band einen verdammt langen Atmen zusprechen. Vielmehr noch, denn Papa Roach zeigen, dass Musik ganz oft ihr Ziel verfehlt. Es soll um Spaß und gute Laune gehen. Sie soll Emotionen hervorrufen, die auch mal unbekümmert sein können. Emotionen, die ein „Fuck You“ dem tristen Wetter entgegen schmettern. „Who Do You Trust?“ als Frage wird beantwortet: Ja, wir vertrauen Papa Roach, denn die wissen, wie man große Momente schafft ohne dabei sich in Belanglosigkeit zu verlieren. Und dies sind nur einige der Gründe, wieso Papa Roach mit diesem Release für uns das Album der Woche bei EMP sind.