Lindemann haben es erneut getan. Ein weiteres Album des Seitenprojekts von Till Lindemann ist im Kasten. „F&M“ zeigt erneut zwei Musiker auf, die gegensätzlicher kaum sein könnten. Und dennoch funktioniert das Konzept herrlich. Unser Album der Woche bei EMP.
Es ist ein gutes Jahr für Freunde von Till Lindemann. Da haut der Rammstein-Sänger im Mai diesen Jahres noch das Album seiner Hauptkapelle raus und jetzt ein weiteres Album. Nein, kein Rammstein-Album, sondern eine Platte unter dem Namen Lindemann. Kenner wissen, dass es sich hierbei um das Seitenprojekt des Mannes handelt, welches er mit Peter Tägtgren ins Leben gerufen hat. Kann dieses Album was sein? Hatte Till Lindemann genug Zeit, sich diesem Album zu widmen? Wir dürfen nicht vergessen, dass Rammstein auch noch eine Tour absolvierten und demzufolge der Mann vielleicht doch einen sehr vollen Terminkalender vorzuweisen hat. Und wie schneidet das Album im Vergleich zum Vorgänger „Skills In Pills“ ab? Das Debüt war OK, aber musste sich auch einiger Kritik stellen. „Zu belanglos“, „erste Gehversuche“ und „zu holprig“ waren einige der Aussagen, die hierzu aufkamen. Ist nun mit „F&M“ besser ausgefallen?
Man lernte aus den Fehlern der Vergangenheit
Lindemann verzichtet beim Zweitwerk auf das Denglisch, welches doch ungemein infantil beim Debüt wirkte. So darf man sich über rein deutsche Texte freuen, die kurzerhand zum Besten gegeben werden. Wir erinnern uns, dass der Rammstein-Mann und Tägtgren von Pain und Hypocrisy dieses Projekt als Spielwiese ins Leben gerufen haben. Gemäß dem Motto „Alles kann, Nichts muss“ sollten und wollten sich beide Musiker hier austoben. Keine Grenzen, kein Plan und darüber hinaus übergeordnetes Konzept. Diese Verkündung konnte man auch als einmaligen Schuss auffassen, was sich nun glücklicherweise als irrtümlich herausgestellt hat. Mit „F&M“ wollte man dies nun sicher nicht über Bord werfen, nahm sich aber anscheinend die Kritik doch zu Herzen. Mit „Steh auf“ fährt man den Indie-Rock auf, bevor man mit Streichern zu einer wahren Marschhymne umschwenkt. So eingängig wie Falco und doch so schlagkräftig wie Godsmack. Erinnerungen an den Rammstein-Song „
Ein Abklatsch von Rammstein? Sicher nicht!
Mein Teil“ kommen direkt bei „Allesfresser“ auf. Sowohl thematisch, als auch musikalisch. Kann man also doch nicht die Hauptband außen vor lassen? Oder will man es nicht? Lindemann manövriert sich kurzerhand wieder in seine Fahrwasser und schlägt lyrisch um sich. Sadomasochismus, Gewaltfantasien und Fresssucht. Textlich das, was der Mann kann. Aber auch Tägtgren steuert seinen Teil bei. So wummert der Sound in Industrial-Manier daher, kratzt hier und da den Kitsch und fährt eine Eingängigkeit auf, die dem Pop entsprungen sein könnte. Aer auch chorale Klänge, pompöses Auftreten und Volkstümlichkeit sind Eckpfeiler des Sounds. Kurzum: Beide Egos dürfen sich hier verwirklichen und machen dies auch ungeniert. Obszön geht es bei „Knebel“ zu, ein Song, dessen Video zensiert wurde. „Wer weiß das schon“ , „Blut“ oder „Ich weiß es nicht“ lassen wieder viel Interpretationsspielraum. Intime Bekenntnisse oder doch nur lyrische Schnellschüsse? Kunst oder Schrott? Der Drahtseilakt ist gewagt, geht aber auf!
Lindemann ist ein durchsaus starkes Album
„Mathematik“ rechnet mit dem Schulfach ab und „Hänsel & Gretel“ adaptiert das Märchen, wobei dieses kurzerhand auf den Kopf gestellt wird. „F&M“ (steht für „Frau & Mann“, A.d.R.) als Titeltrack ist ein verstecktes Liebeslied und steht wohl am Besten für den Sinn des Albums: Gegensätze ziehen sich an! Peter Tägtgren und Till Lindemann lassen ihren Ideen freien Lauf und harmonieren dabei herrlich miteinander. Sicherlich kann und muss man sich auf die Texte von Lindemann einlassen können, musikalisch sollte aber jedem Hörer schmecken. Grenzen git es hierbei keine und langatmig ist dieses Album zu keinem Zeitpunkt. Unser Album der Woche ei EMP!