Brutus legen das Album der Woche vor. „Nest“ ist das zweite Werk der Belgier, die gerade am Anfang ihrer Karriere stehen. Und trotzdem machen sie so viele Dinge so richtig, dass man aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Hört euch diese Scheibe an, wenn ihr auf (Noise) Rock steht.
2017 entdeckte ich für mich „Burst“. „Burst“, ein Name den ich gerne wieder in Erinnerung rief. War dies doch auch der Name einer progressiven Metal-Band aus Kristinehamn in Schweden, welche auch heute noch regelmäßig rotiert. Doch damit hatten Brutus nun wahrlich nichts zu tun. Vielmehr war ich irritiert, dass nach einem Anlaufen des Tracks mich eine Frau anschrie. OK, ich hatte zur Kenntnis genommen, dass eine gewisse Stefanie in der Band spielte und ja, ich wusste auch, dass sie trommelt. Aber hey, konnte doch keiner ahnen, dass die Schlagzeugerin auch noch das Gesangs-Mikor bedient. Und was machen die zwei Herren der Schöpfung? Ja, dekorativ aussehen und dazu noch Bass und Gitarre spielen. Gesanglich sollten sie aber nichts vortragen. Wieso auch? Das Konzept ging ja auf und ja, der Song „All Along“ fraß sich auch direkt ins Hirn. Unter dem Strich eine super Platte und der „Aha-Effekt“ war enorm.
Brutus und welche Live-Erlebnis man doch haben kann
OK, Brutus waren auf meinem Radar und ja, ich wollte die Band sehen. Ein Heimspiel in Belgien sollte der erste Live-Kontakt sein. Hatten wir es eben nicht von „dekorativ aussehen“? Ja, und da saß dann diese zierliche Frau am Schlagzeug, trommelte sich die Seele aus dem Leib und schrie dabei, ob es um ihr Leben gehen würde. Das Mikrofon von Oben auf sie gerichtet, sich in Rage spielend, ein Bild für die Götter. Insgesamt funktionierte das Konzept als Trio sehr gut. Durch den Einsatz eines Reverbpedals seitens des Gitarristen und dem Arbeiten mit Pausen des Bassisten, entwickelt sich eine Start/Stop-Technik, die die Songs mit ungemeiner Dynamik füllt. Durch den Gesang und das Geschrei der Dame, bekam man kurzerhand eine astreine Show serviert, die so manchen anderen Acts neidisch erblassen lassen würde.
Mit Nest ist man weniger verkopft
Nun aber der Nachschlag oder auch „Album Nummer Zwei“ genannt. „Nest“ der Titel und mit „War“ gab es vorab schon einen Song auf die Ohren. Schönes Cleanintro, welches dezent vom Bass begleitet wird. Mit einem massiven Hardcore-lastigen Teil, dem geschrieenen Part von Stefanie, entwickelt sich aus der anfänglich romantischen Stimmung ein massiver schwerer und drückender Klotz. Auch „Cemetery“ spielt mit den Kontrasten und lässt der Instrumentalisierung wahrlich viel Raum. Mit einem Verhältnis von zirka 50/50 zwischen Gesang und Instrumental-Part zeigt sich eine der neuen Facetten bei Brutus. Man lässt den Instrumenten mehr Raum zum Atmen. Man geht dezenter vor, bedachte, dass ständiger Gesang viele Facetten verdecken könnte und sich dann Alles in tosende Wände entwickelt. Man spielt zwar nach wie vor Noise-Rock, aber mit mehr Hirn. „Sugar Dragon“ spielt das Genre erneut in seiner ganzen Linie aus. Triolisches Schlagzeuggewitter, Lärm, Noise und ganz viel Remmidemmi.
Ein herrlich authentisches Album
Musikalischer Kindergarten sind anders aus, was durch die raue und ungehobelte Produktion herrlich zum Vorschein kommt. Oft nach Proberaum klingend, erhält man hier wieder einen authentischen Sound, der eben nicht nach „war roh gedacht, aber dann doch glatt produziert“ schreit. Ekstatisch, hypnotisierend und in einen Bann ziehend, frickeln sich die Belgier durch die Songs, ohne dabei ihr Markenzeichen aus den Augen zu verlieren. Das Verkopfte des Debüt wich, man ist kohärenter und auf den Punkt spielend. Brutus machen einfach verdammt viel richtig mit „Nest“ und werden noch den Erfolg einfahren, der ihnen zusteht. Unser Album der Woche!