Die Architects haben ihr neues Album im Kasten. Kaum ein Werk wurde so sehnlich erwartet wie dieses. Nach dem Tod von Tom Searle wollten alle Fans wissen, ob die UK-Band diesen Tiefschlag überwinden kann. „Holy Hell“ räumt Alles aus dem Weg und ist zurecht unser Album der Woche bei EMP.
Architects! Ein Name, der bei vielen Musikfreunden Assoziationen hervorrufen dürfte. Es gibt wenige Bands, die sich so in den Herzen der Fans katapultiert haben. Mit kaum einer Band verbindet man Wörter wie „Durchschlagskraft“, „Headliner der Herzen“, „authentisch“, aber eben auch „Verlust“ und „Tod“. Mit den Architects ist man in den letzten Jahren immer wieder konfrontiert worden, und die wenigsten Musikfreunde da draußen dürften sich an der Band gestört haben. Vielmehr noch, nur wenige Bands haben solch einen fulminanten Aufstieg hingelegt und konnten von Album zu Album mehr Fans für sich gewinnen. Zurecht, denn die Herren um Shouter Sam Carter haben ihre musikalisches Können verfeinert, ausgebaut und selbst errichtete Grenzen immer wieder eingerissen. Die Konzerte der Band sind eindrucksvoll und lassen keinerlei Wünsche offen.
Die Architects sind seit 2004 auf einer Mission – mit Tiefschlägen
Im Jahre 2004 formierte sich die Band in Brighton und haben sich innerhalb kurzer Zeit einen Namen in Insiderkreisen gemacht. Das Debüt „Nightmare“ veröffentlichte man 2006 und sechs weitere Alben sollten in der Dekade darauf folgen. Alben wie „Hollow Crown“ oder das 2012er-Album „Daybreaker“. Zuletzt hörte man 2016 neue Klänge, die ihren Weg auf das Album „All Our Gods Have Abandoned Us“ gefunden haben. Ein wegweisendes Album, wie man rückblickend feststellen muss. Der Umstand, dass Hauptsongwriter Tom Searle im August des selben Jahres an Krebs sterben sollte, verpasste dem Album einen dramatischen Touch. Die Band selbst war sich über den Gesundheitszustandes des Gitarristen im Klaren und einige Details sollten im Nachgang ans Tageslicht kommen. Trotz dieses Verlusts und des einhergehenden Rückschlages haben Architects weitergemacht. Eine Hommage an Tom, die nun mit „Holy Hell“ manifestiert wird.
Eine Hommage an das Leben
Natürlich war es für Sam Carter, die Gitarristen Josh Middleton und Adam Christianson, sowie der Rhythmus-Fraktion Alex Dean und Dan Searle ein schwerer Gang ins Studio. Das achte Album sollte kommen, jedoch war es gleichzeitig auf das erste Album ohne Tom. Seitens der Fans schwankte man zwischen Hoffnungen und Erwartungen. Kann diese Band sich von der Tragödie musikalisch verabschieden und unbeschwert ein neues Werk in Angriff nehmen? Und was soll das Resultat sein, wenn doch ein wichtiger Songwriter nicht mehr an Bord ist? Fragen über Fragen! Verständlich, jedoch völlig unberechtigt, wie sich nun mit „Holy Hell“ zeigt. Das Album strotzt auf der einen Seite vor Hits, funkelt aber pechschwarz und macht klar, dass dieses Album mehr als ein neues Album ist. Es ist eine Hommage an das Leben, ohne dabei den Tod von Tom Searle zu vergessen.
Ein hoch emotionales Album
Bereits der Opener „Death Is Not Defeat“ ist eine mitreißende Nummer, die darüber hinaus sehr emotional aufgebaut ist. Mit jeder Menge Tiefgang wäre der Song alleine schon phänomenal, aber durch den Einsatz von Streichern, bekommt die Sache einen besonderen Touch. Carter zegt sich stimmlich unfassbar stark, wenn nicht sogar so gut wie noch nie. Die Range reicht von behutsamen Gesang bis hin zu seinem typischen Geshoute. Ja, das macht Bock auf Mehr. „Hereafter“ thematisiert das „Am Boden sein und dennoch weitermachen“. Textlich wohl das, was die Band nach dem Tode von Tom durchleben musste. Zwei Songs und man ist bereits am Hyperventilieren. Zu emotional das Ganze, zu herzergreifend und dennoch so auf den Punkt.
Holy Hell ist das, was man als DEN Lebensbeweis anerkennen muss
Es ist dennoch unmöglich einen Song aus dem Album zu ziehen und für sich alleine sprechen zu lassen. Noch unmöglicher scheint es das Album mit ein paar Songs zu beschreiben, denn jeder Song fühlt sich richtig an der Stelle, an den Architects ihn gepackt haben. Facetten werden aufgezeigt, musikalische Schichten türmen sich auf und immer wieder entdeckt man ausufernde Momente, die doch so dezent in die Songs eingewoben sind, dass sie erst bei einem intensiven Durchlauf erkennbar werden. Sei es die unfassbar geile Gitarrenarbeit bei „Mortal After All“, bei „Holy Hell“ die Streicher oder die messerscharfen Riffs bei „Damnation“. Das Album entwickelt sich zu einem wahren Juwelen und dies bereits nach dem ersten Durchlauf. Und für den Schlusssong „A Wasted Hymn“ mit der Passage „Can you live a life worth dying for?“ gibt es on top noch ganz viel Liebe! Ein bewegendes und hoch emotionales Album, was keine Wünsche offen lässt!