Biffy Clyro sind zurück. Ein neues Album inmitten des ganzen Covid-19-Wahnsinns. Auch die Schotten waren betroffen und legen nun „A Celebration Of Endings“ geschlagene 3 Monate später vor als geplant. Sei es drum, denn Album der Woche ist und bleibt einfach Album der Woche bei EMP.
Zugegeben, ich bin Fan-Boy der Schotten. Das erste persönliche Aufeinandertreffen ereignete sich 2004. Natürlich war mir die Band zuvor schon aufgefallen, jedoch saßen eben damals zum ersten Mal diese drei Herren vor mir. Live, in Farbe und insbesondere derart sympathisch. Ein Simon Neil mit seiner zuvorkommenden Art avancierte innerhalb von 10 Minuten zum „Schwiegersohn-Traum aller Mütter hübscher Tochter“. OK, tolerant für Tattoos mussten sie sein, aber selbst über diesen Umstand hätte jede Mutter hinweg gesehen. Damals ging es um „Infinity Land“, heute um Album Nummer 9. „A Celebration Of Endings“ wurde sehnlichst erwartet. Insbesondere von Kritikern des Albums zuvor. Manch einem klang „Ellipsis zu glatt und kommerziell. Manch einer vermisste den Wahnsinn, welchen die Band doch immer wieder so herrlich ausspielte. Zugegeben, bei mir blieb die Liebe, was ich aber einer gewissen Befangenheit zuschreibe. Doch „Ellipsis“ ist und bleibt der Stein des Anstoßes.
„Ellipsis“ konnte nicht jeder Fan abfeiern
Doch lasst uns nicht über „Ellipsis“, wobei das Album eine neue Ära einläuten sollte. Biffy Clyro hatten thematisch immer einen gewissen Zyklus, der aus jeweils drei Alben bestand. „Blackened Sky“, „The Vertigo Of Bliss“ und „Infinity Land“ gehörten stilistisch genauso zusammen, wie das Trio „Puzzles“, „Only Revolutions“ und „Opposites“. Dann eben „Elipsis“, welches ebenfalls eine Ära eröffnen sollte. Durchzogen von den Nebenkriegsschauplätzen „MTV Unplugged“ und „Balance, Not Symmetry“ löst sich aber nun dieser rote Faden in gewisser Art und Weise in Luft auf. Bereits nach der ersten Sekunde des Openers „North Of No South“ ist klar, wer hier neue Musik von sich gibt. Die Gitarrenarbeit von Neil ist zu einzigartig, der Aufbau des Songs derart vertraut, dass man bereits nach rund 90 Sekunden die Parallelen zu den früheren Werken ausmachen kann. Das dargebotene „can you feel it?“ kann man mit einem Kopfnicken bestätigen.
„A Celebration Of Endings“ werden alle lieben
„The Champ“ startet mit Piano und Streicher und dem markanten Gesang, bevor der Song die komplette Band einbindet. Und dann diese Passage, die einen vielleicht zum ersten Mal hellhörig werden lässt: „Just get the fuck out of my face“. Hier sollte kurzerhand das Thema des Albums erklärt werden. Auch bei einer erfolgreichen Band wie Biffy Clyro lief nicht Alles rund. So wurde die Band vom Manager abgezogen, welcher in der Ballade „Opaque“ mit einem „Take the fuckin‘ money and run“ bedacht wird. „End Of“ spiegelt in einem durchaus aggressiven Song das Ende einer Freundschaft wider. Anscheinend war dies solch ein herber Rückschlag, dass man die Story mit einem der ruppigsten Songs der Bandgeschichte bedacht hat. Inklusive sich überschlagender Stimme eines Simon Neil. „A Celebration Of Endings“ soll die Rückschläge aufzeigen, die letztendlich als Startpunkt für Neues darstellen. Positiv nach Vorne schauen und mit der Vergangenheit abschließen!
Biffy Clyro reizen alle Extreme aus
Doch Biffy Clyro sind weit davon entfernt mit ihrer Vergangenheit abzuschließen. Vielmehr zeigt dieses Album erneut, dass die Extreme in beide Richtungen vollständig ausgereizt werden. Balladen treffen auf fahrende und treibende Songs und selbst für die großen Sing-A-Longs findet man den passenden Raum. „The Pink Limit“ ist charismatisch und lebt von dissonanten Tönen um sich dann zu einer Hymne zu entwickeln. „Tiny Indoor Fireworks“ macht seinem Namen alle Ehre und feuert auf der Tanzfläche ein, wohingegen „Worst Type Of Best Possible“ eine gewisse Melancholie in sich trägt. „Cop Syrup“ ist aber zweifelsohne der ultimative Kracher. Vom Teufel gejagt kreischt sich Neil durch die erste Hälfte des Songs, was dementsprechend „weird“ mit den Instrumenten untermauert wird. Doch dann der knallharte Cut und Einsatz einer Akustik-Gitarre, die folgenden Streichern die Tür öffnet. Es folgt ein derart episches und pompöses Ende. Als ob die Band nicht mit Steve Wilson geschlafen hat!
Welch Album, welch Songs – eine Offenbarung
Biffy Clyro liefern mit „A Celebration Of Endings“ ein Album der Extraklasse ab. Nach dem kritisch beäugten „Ellipsis“ hat die Band eine Kehrtwende hingelegt und überzeugt mit eine Mix aus alten Klängen, welche auf neue spielerische und kompositorische Fähigkeiten treffen. Von der Ballade, bis hin zur Hymne und der Beigabe der härtesten Momente in der Bandgeschichte, vereinen diese Schotten hier Alles. Unser Album der Woche bei EMP.