Wie auch schon in den letzten beiden Jahren, heißt es für mich diesen Sommer wieder: Auf zum Amphi Festival nach Köln, denn vom 20. – 21. 07.2013 wird der Tanzbrunnen in buntes Schwarz getaucht.
Dass Schwarz nicht gleich Schwarz ist und es sehr viele verschiedene Facetten der Szene gibt, bekommt man auch hier stark zu spüren. In diesem Jahr verspricht das Line-Up wieder eine interessante Mischung des Publikums. Einige nennen es schwarzen Karneval, andere wiederum genießen es, sich ganz unkonventionell ausleben zu können.
Sogar der Fernsehsender Arte hat sich an dieses Thema gewagt und eine meiner Meinung nach sehr gelungene Dokumentation zum Thema erfasst. Unter dem Titel „I Goth My World“ finden sich hier neben Interviews von Bands und Szenemitgliedern auch einige schöne Bilder vom Amphi Festival. Reinschauen lohnt sich!
Für mich wird es jedenfalls wieder ein spannendes Wochenende, auf das ich mich sehr freue. Nicht zuletzt, weil mich das Festival im letzten Jahr so umgehauen hat.
Rückblick zum Festival 2012
Es geht los!
Tasche gepackt, Belege für die Unterkunft dabei und ein MP3-Player gefüllt mit akustischer Untermalung. Die ganze Woche steht schon im Zeichen der guten alten Zeit, deren Soundtrack The Sisters Of Mercy, Project Pitchfork und Silke Bischoff beinhaltet.
Auf den Zug wartend, begegne ich in Münster bereits den ersten beiden schwarzen Gestalten. Da wir uns schnell zueinander gesellen, ernten wir viele neugierige Blicke von den anderen Reisenden. Alicia bekommt von ihrem Freund noch schnell die Haare frisiert und ich versuche in der Zeit, möglichst wenig von der glühenden Sonne abzubekommen.
In Köln angekommen treffe ich mich mit Steffi und wir beziehen unser Zimmer in vorteilhafter Bahnhofsnähe. Es ist schon 11 Uhr und wir suchen uns ein nettes Plätzchen mit Blick auf den Dom, um zu frühstücken und die nächsten Tage zu planen.
Jetzt gibt’s was auf die Ohren
Auf dem Gelände angekommen, steuern wir auch direkt auf das Staatenhaus zu, um den finalen Song von Eisenfunk „Let’s play Pong“ noch mitzubekommen.
Tyske Ludder sind als nächstes dran, und wir lassen uns von ihrer Electronic Body Music mitreißen. Ich kenne die Band zwar nicht, aber Steffi ist voll in ihrem Element. Wer die Band noch nicht gesehen hat, sollte es nachholen, denn sie sind auch dieses Jahr wieder in Köln dabei.
Nach einem kleinen Rundgang um den Tanzbrunnen schauen wir uns Corvus Corax an, die ein richtiges Spektakel veranstalten. So viele verschiedene altertümliche Instrumente habe ich noch nicht auf einer Bühne in Aktion erlebt.
Ein kleiner Abstecher zu [:SITD:], zwischen den Verkaufsständen herschlendern und fettiges Fast Food bilden das Nachmittagsprogramm.
Um gute Plätze zu ergattern, warten wir geduldig, bis Eisbrecher mit ihrer Show fertig sind und schlängeln uns nach vorn zur Hauptbühne. Das Areal füllt sich mit Reptiles und viele tragen ihre liebsten Konzertshirts, die sie in den letzten Jahren ergattern konnten. Zu meiner Überraschung spielen The Sisters Of Mercy zu fünft für uns. Mr. Eldritch am Mikro, begleitet von Doktor Avalanche am Computer und Chris Catalyst und Ben Christo an den Gitarren. Lisa Cuthbert hat als zusätzliche Sängerin einen ganz besonderen Moment, denn sie singt „This Corrosion“ ganz allein auf der Bühne, während sie das Piano spielt.
Einige Fans aus England stehen sogar das ganze Konzert über auf den Schultern Anderer, sodass sie Andrew quasi auf Augenhöhe gegenüber stehen und performen die Songs allesamt mit. Wenn man sich das berühmte Konzert in der Royal Albert Hall von 1985 ansieht, versteht man, woher dieses Verhalten kommt. Nach Ende des Konzertes ergattere ich direkt noch ein Shirt und Patches der Band, um etwas von dem schwarzen Zauber für mich behalten zu können.
Die Nacht verbringen wir im Theater und tanzen mit all den anderen Fledermäusen bis ins Morgengrauen.
Weiter geht’s
Nach viel zu wenig Schlaf kriechen wir am nächsten Tag aus unseren Betten, schlürfen Instant-Kaffe und toupieren unsere verfilzten Haare noch ordentlich nach. Die Augen schwärzen, den Teint bleichen, Tüll und Rüschen anlegen und das Geschmeide um den Hals. Es drängt uns wieder zum Festivalgelände, wo uns einige Überraschungen erwarten.
Zunächst sind wir unerwarteterweise von Lord Of The Lost begeistert. Die Band eröffnet am Sonntag die Konzerte, und vor der Bühne ist richtig was los.
Als unglaublich humorvolle Veranstaltung entpuppt sich Ecki’s kleiner Katechismus. Ich lerne den Alt-Grufti als wortgewandten und bissigen Kritiker kennen. Er führt uns durch die Kochkünste der Szene, über immer wiederkehrende Teilnehmer einer Gothic Disco bis hin zu einem echten Dialog von Musiker und Albumkritiker.
Da wir am Samstag zum Vortrag von Dr. Mark Benecke zu spät waren, bleiben wir nach Ecki Stieg einfach sitzen. Leider ist noch der Alleinunterhalter Oliver Klein auf der Bühne, der uns die Wartezeit nicht gerade erleichtert. Der Saal ist wie erwartet brechend voll von Wissbegierigen. Dr. Benecke hält einen wirklich interessanten und schockierenden Vortrag über seine Arbeit als Kriminalbiologe. Da der Herr jedes Jahr wieder ein wichtiger Bestandteil des Festivals ist, freue ich mich auch schon auf seinen Vortrag in diesem Jahr.
Im Anschluss an den Vortrag sehen wir uns noch die zweite Hälfte der Coppelius Darbietung an. Ich kenne die Band noch als Vorband von Subway To Sally aus dem Jahre 2005 und freue mich bei jedem Konzert wieder, wie erfolgreich diese Kammermusiker geworden sind. Falls einer der Musikanten diese Zeilen lesen mag, verzeihe er mir meine Unbedarftheit im Umgang mit ihrer Kunst. Aber Coppelius hilft!
Wir warten die Umbauarbeiten ab, denn im Staatenhaus spielen nun 18 Summers. Wem Silke Bischoff ein Begriff ist, der sollte sich unbedingt die neue Band von Felix Flaucher und Frank Schwer anhören. Zu meinem Glück spielen sie auch Songs aus ihrer früheren Schaffenszeit. So ist es völlig unnötig, dass einige Besucher nach „On the Other Side“ rufen und damit nur Herrn Flaucher verärgern. Dieser scheint an diesem Tag generell nicht die beste Laune zu haben, steht er doch mit Winterjacke auf der Bühne und liest einige der neuen Liedtexte ab. Für mich ist dieses Konzert dennoch eine wundervolle Zeitreise in frühere Jahre und ich bin sehr dankbar dafür, diese Künstler live erleben zu dürfen.
War 18 Summers für Steffi etwas zu ruhig, so kommen wir beide zum letzten Konzert des Tages noch richtig in Fahrt. Project Pitchfork geben die Ehre. Mein Lieblingszitat des Abends entnehme ich in etwa der Ansage von Peter Spilles: „And One sagen, sie beenden dieses Festival. Doch wir bringen euch zurück in eure Gruft!“ Und schon beginnt ein überwältigendes Spektakel mit hervorragenden neuen Songs und einigen alten Schätzen. So erkenne ich beispielsweise „Fire and Ice“ vom ersten Album Dhyani, welches ich kurz vor dem Festival noch in einem Plattenladen ergattert habe.
An diesem Abend verzichten wir auf eine allzu ausgiebige Tanzeinlage und flattern noch in der Dunkelheit zurück in unsere Höhle.
Vorfreude macht sich breit
Sitze ich hier nun in aller Ruhe und sinniere ob der Vergangenheit, so regt sich in mir doch die Spannung auf das nächste Festival.
In diesem Jahr schaffe ich es endlich auf die Pre-Party im Alten Wartesaal. Die Verastaltungsräume sollen atemberaubend sein. Ich lasse mich mal überraschen.
Diese Bands habe ich mir auf meinem Programmplan schonmal vorgemerkt:
Alien Sex Fiend gehören zu den Batcave-Urgesteinen der Szene. Hier ein sehr eindrucksvolles Video aus der Zeit.
Atari Teenage Riot, Umbra et Imago und Welle:Erdball gehören auch schon seit langem auf meine „Muss ich sehen“ Liste.
Auf Anne Clark bin ich durch eine ausführliche, und von Anne selbst kommentierte, Diskografie gestoßen, die im Sonic Seducer veröffentlicht wurde. Diary of Dreams habe ich auf dem WGT 2012 bereits in der AGRA Halle erlebt. Leider war der Ton wirklich mies und die Sicht auf die Bühne war ebenso miserabel. Jedoch hat die energiegeladene Band dem Publikum keine Sekunde Pause gelassen und ich würde wirklich gerne einmal dieses Erlebnis mit einer den Künstlern entsprechenden Akustik wiederholen.
Mittelalterliche Klänge gibt es dieses Jahr von Faun, Tanzwut und Letzte Instanz. In der erwähnten Dokumentation „I Goth my World“ wird auch die französische Band Rosa Crux interviewt und ein Konzertauschnitt gezeigt. Ich bin gespannt, ob die Band in der Realität ebenso imposant und provozierend wirkt. Ebenso ist in der Doku Peter Spilles zu finden, der nach Project Pitchfork dieses Jahr mit Santa Hates You dabei ist.
Fast so sehr wie auf The Sisters Of Mercy freue ich mich in diesem Jahr auf Fields Of The Nephilim. Songs wie „One More Nightmare“ oder „Laura“ begleiten mich schon eine sehr lange Zeit, sodass ich es kaum erwarten kann, die Urgesteine des Goth Rock live erleben zu können.
Ich hoffe zudem auf einige bekannte Gesichter, da es nach dem vergangenen Jahr sicherlich wieder viele Neuigkeiten auszutauschen gibt. Zum Wave Gotik Treffen habe ich es in diesem Jahr nicht geschafft, sodass mir mit dem Amphi Festival noch eine gute Gelegenheit gegeben wird, die üblichen Verdächtigen anzutreffen.
Wer diese Zeilen liest und mich und meinen Kollegen Michael vom EMP Stand 2011 wiedererkennt, ist jederzeit herzlich eingeladen auf ein nettes Gespräch.
Ich freue mich schon, euch kennenzulernen.
Und hier noch einmal die wichtigsten Links zum Festival: